The West Must Prove It Is Ready To Shoulder High Cost of Ukraine’s Security

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Der Westen muss seine Bereitschaft beweisen, hohe Kosten für die Sicherheit der Ukraine auf sich zu nehmen

Die Warnungen vor einer russischen Offensive im Osten Europas sind wortreich, aber wenig konkret. Nur wenn die USA und Westeuropa glaubhaft machen, dass ihnen die Abschreckung Moskaus auch einen hohen Preis wert ist, kann sie Wirkung entfalten.

Am Montag flogen zwei C-17-Militärtransportmaschinen von einem Stützpunkt westlich von London in die Ukraine. Sie machten einen weiten Bogen über die Ostsee, um einen Überflug Deutschlands zu vermeiden. Die Flüge waren Teil einer neuen britischen Operation zur Stärkung der Verteidigungsbereitschaft der Ukraine gegen den gewaltigen Aufmarsch russischer Truppen jenseits der Grenze. Wie Verteidigungsminister Ben Wallace gleichentags im Parlament bekanntgab, hat Grossbritannien damit begonnen, der Ukraine leichte Panzerabwehrwaffen zu liefern. Zudem wird ein kleines Detachement britischer Militärexperten die ukrainische Armee bei der Handhabung der Waffen instruieren.

Am selben Tag weilte die neue deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock in Kiew. Sie lehnt die Forderung ihres ukrainischen Gastgebers Dmitro Kuleba kategorisch ab, das Land mit Waffenlieferungen gegen die militärische Übermacht Russlands zu unterstützen. Stattdessen sprach sie viel von Frieden und Solidarität und einer neuen Zusammenarbeit bei der Klimapolitik.

Die gleichzeitigen Auftritte der Vertreter zweier europäischer Nato-Staaten könnten nicht unterschiedlicher sein. Grossbritannien unterlegt seine von Wallace zum Ausdruck gebrachte Besorgnis über die Bedrohungslage in Osteuropa durch Taten. Nicht, dass die gelieferten britischen Panzerabwehrwaffen einen Krieg entscheiden könnten. Russlands Übermacht an Truppen und schwerem Material ist derart erdrückend, dass niemand erwartet, die Ukraine könnte ihre Grenze gegen eine Grossoffensive verteidigen. Aber die britischen Waffenlieferungen machen deutlich, dass London bereit ist zu handeln.

Deutschland ist derweil nur bereit zu reden. Und auch das nicht immer auf hilfreiche Art und Weise. So schlossen führende Sozialdemokraten in den letzten Tagen Sanktionen gegen die neue russische Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 erneut kategorisch aus. Der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz liess sich am Montag mit der Aussage zitieren, ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift wäre falsch. Begründet hat er dies mit der berechtigten Sorge, dies könnte die Finanzmärkte belasten und hohe ökonomische Kosten auch für den Westen verursachen. In Bezug auf die Pipeline und Swift stellen sich deutsche Spitzenpolitiker somit gegen zwei der am häufigsten diskutierten Sanktionsmassnahmen, die Russland von einem Angriff der Ukraine abhalten sollten.

Ähnlich zaudernd wirkt die Rhetorik in Brüssel. Auch die EU warnt wortreich vor einer Eskalation. Allen verantwortungsbewussten Sicherheits- und Aussenpolitikern in Europa ist bewusst, dass eine russische Grossoffensive in der Ukraine die schwerste kriegerische Bedrohungslage auf dem Kontinent seit Jahrzehnten bedeutete. Aber konkrete Massnahmen zur Abschreckung Moskaus lassen auf sich warten.

So bleibt es einmal mehr den USA und ihrem traditionell engsten Verbündeten Grossbritannien sowie einigen wenigen anderen Staaten überlassen, eine glaubwürdige Kulisse der Abschreckung aufzubauen. Doch auch dort lassen die Drohungen an Klarheit zu wünschen übrig. Präsident Biden hat Russland für den Fall eines Angriffs auf die Ukraine schwerste wirtschaftliche Konsequenzen in Aussicht gestellt. Doch er machte nicht deutlich, was genau er damit meint. Vorsichtig agiert das Weisse Haus auch mit Waffenlieferungen, die seit der Annexion der Krim 2014 ein Volumen von 2,5 Milliarden Dollar angenommen haben. Sie sind ebenfalls auf defensive Systeme beschränkt und wurden in den letzten Monaten nicht dramatisch ausgeweitet.

Würden die USA tatsächlich ihr ganzes Register von Sanktionsmöglichkeiten gegen russische Banken, Unternehmen und letztlich auch Konsumenten ziehen, hätte dies einschneidende Kosten nicht nur für Russland, sondern auch für westliche Volkswirtschaften zur Folge. Doch ein Blick auf die relative Gelassenheit an den Finanzmärkten in den USA und Europa zeigt, dass dort die Wahrscheinlichkeit eines Wirtschaftskriegs gegen Russland als gering eingeschätzt wird. Ähnlich könnte das der Kreml sehen. Die Folge wäre eine geringe Abschreckungswirkung.

Wollen die Nato-Staaten oder die Europäische Union tatsächlich wirksam abschrecken, müssen sie die zu erwartenden Kosten eines Angriffs für Moskau so weit wie möglich in die Höhe schrauben. Dazu gehören zwei Dinge: Erstens muss glaubhaft sein, dass der Westen einen ukrainischen Widerstands- oder Guerillakampf gegen den übermächtigen Gegner tatkräftig unterstützen würde – dazu gehören zwingend auch Waffenlieferungen. Zweitens muss der Westen seine Bereitschaft glaubhaft machen, im Rahmen eines wirksamen Sanktionsregimes gegen Russland auch selbst hohe und länger anhaltende ökonomische Einbussen hinzunehmen. Bei beidem könnten die westlichen Regierungen noch erheblich an Deutlichkeit zulegen.

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