The US Is Doing It Better

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Die USA machen es besser

An Joe Bidens ambitioniertem neuen Klimaschutzgesetz haben die Europäer viel zu bemäkeln. Dabei ist es besser als alle realistischen Alternativen.

Die Stimmung war schon mal besser zwischen den Vereinigten Staaten und Europa. Schuld ist ein amerikanisches Gesetz. Inflation Reduction Act heißt das Werk, das die europäische Politikerklasse gegen sich aufgebracht hat, vom französischen Präsidenten bis zum EU-Handelskommissar.

Anders als der Name suggeriert, hat es wenig mit Inflationsbekämpfung zu tun und viel mit Klimaschutz. Wesentlicher Teil des Pakets sind umfassende Subventionen für klimafreundliche Technologien – Subventionen, die der amerikanischen Industrie einen Standortvorteil gegenüber europäischen Wettbewerbern verschaffen. Gebunden sind sie an Herkunftsregeln, nach denen nur Produkte aus amerikanischer Fertigung davon profitieren. Ausnahmen gibt es für Kanada und Mexiko, aber nicht für Europa.

Diejenigen, die das kritisieren, haben einen Punkt. Doch sie verkennen dabei die Zwänge der amerikanischen Wirtschaftspolitik. Und sie sollten froh sein, dass die USA es jetzt besser machen als früher und endlich entschlossen gegen den Klimawandel vorgehen.

Sicher gibt es gute Argumente dagegen, auf welche Weise das geschieht. Die Europäer stehen vor der Wahl, sich auf einen Subventionswettbewerb einzulassen oder die Abwanderung heimischer Industrie in die USA in Kauf zu nehmen. Der Protektionismus hinter dem Gesetz schadet dem Freihandel, die Kosten dafür tragen Bürger auf beiden Seiten des Atlantiks. Elegantere und effizientere Wege zu mehr Klimaschutz gäbe es, zum Beispiel die Besteuerung von Emissionen. Damit würden die gesellschaftlichen Kosten fossiler Brennstoffe angemessen in den Preisen abgebildet und gleichzeitig Einnahmen erzeugt, die dann an die Bevölkerung zurückgegeben werden könnten.

Wenn Klimaschutz mit Kosten verbunden ist, schreckt das ab

Das Problem ist nur: In den Vereinigten Staaten sind diese guten Argumente jahrzehntelang bei vielen Entscheidern auf taube Ohren gestoßen. Gerade Bürger in republikanisch dominierten Staaten standen dem Sinn der Klimapolitik ohnehin lange skeptisch gegenüber. Noch schlechter kam da die Idee an, dafür auch noch neue Steuern zu erheben. Wenn Klimaschutz auf den ersten Blick mit Kosten verbunden ist, macht es das schwieriger, Menschen davon zu überzeugen.

Klar hätte die US-Regierung noch jahrelang weiter für die CO2-Steuer oder einen Emissionshandel werben können. Vielleicht wäre irgendwann eine politische Mehrheit aus Pragmatikern zustande gekommen, die eine solche Lösung beschließen könnte. Nur haben wir im Kampf gegen den Klimawandel schon jetzt Jahrzehnte verloren. Das 1,5-Grad-Ziel ist so gut wie unerreichbar geworden. Jetzt kommt es auf jedes Jahr an. Ab Januar sind außerdem im US-Repräsentantenhaus wieder die Republikaner die Mehrheitspartei. Es war die letzte Chance, vorher noch etwas zu tun.

Das Gesetz hat die Grundlage für eine signifikante Senkung der Emissionen in den Vereinigten Staaten geschaffen. Je nach Prognose könnten sie bis 2030 um etwa 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 fallen – und das auf eine Weise, der selbst ein rechter Demokrat wie Senator Joe Manchin aus dem Öl-Staat West Virginia etwas abgewinnen konnte. Ohne seine Stimme hätte es keine Mehrheit für das Gesetz gegeben.

Warum sollen nicht mal die Amerikaner zahlen?

Profitieren könnten von dem neuen Gesetz am Ende auch die Europäer – nämlich dann, wenn dank amerikanischer Subventionen grüne Technologien zur Marktreife gelangen, die auch in Europa zum Einsatz kommen. Und bis es so weit ist, kaufen wir die Produkte verbilligt in den USA ein. Subventionen, insbesondere europäische, spielten schon bei der Etablierung von Photovoltaikanlagen eine wichtige Rolle. Heute ist Solarenergie so günstig wie nie. Warum sollen den nächsten Durchbruch nicht mal die Amerikaner bezahlen?

Der neue amerikanische Klimaschutz hat viele Schwächen. Aber er steht auch für einen erheblichen Fortschritt in dem Land mit den immer noch zweithöchsten Treibhausemissionen der Welt. Er ist die zweitbeste Lösung, mit der niemand so richtig zufrieden ist. Manchmal ist das besser als eine Alternative, die nie umgesetzt wird.

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