Biden versus Biden*

<--

Biden vs. Biden

Das ist Joe Biden, der amerikanische Präsident, oder, wie andere sagen: ein “älterer Herr mit schlechtem Gedächtnis”.

(Foto: Evan Vucci/AP)

Schon vor vier Jahren war er nicht mehr der Frischeste. Doch diese Woche hat gezeigt, wie schwer es für den 81-Jährigen wird, noch einmal die Wahl zu gewinnen.

Kommentar von Fabian Fellmann

Joe Biden hat bewiesen, dass er keine Stolperfallen braucht, um im Wahlkampf zu stürzen: Der älteste Präsident und Präsidentschaftskandidat der US-Geschichte stellt sich das Bein selbst. Ein Sonderermittler hielt am Donnerstag quasi amtlich fest, der 81-Jährige sei ein “älterer Herr mit schlechtem Gedächtnis”. Er fand zwar keine Anhaltspunkte für eine Anklage wegen der Geheimakten in Bidens Garage, dafür vernichtende Details, die er in einem Bericht veröffentlichte. Er mag damit gegen Richtlinien des Justizministeriums verstoßen haben. Aber es war Biden selbst, der sich bloßstellte: Statt sich für Fehler zu entschuldigen, schob er die Verantwortung auf Mitarbeiter ab. Dann behauptete er, sein Gedächtnis sei intakt, verwechselte aber sogleich Mexiko und Ägypten.

Biden bestätigte damit die implizite Kritik des Sonderermittlers, der Präsident leide an Selbstüberschätzung. Und er lieferte den Republikanern Material für die Behauptung, er sei nur eine Marionette, an deren Fäden in Hinterzimmern gezogen werde – eine Verschwörungserzählung, die das Vertrauen in die älteste Demokratie der Welt zersetzt. Sie kommt Trump zugute, der schon einmal versucht hat, dieser Demokratie den Todesstoß zu versetzen, und ganz offen über Pläne diskutiert, wie er diesen Versuch vollenden könnte.

Für Donald Trump? Für den läuft’s gerade richtig gut

Der Frischeste war Biden schon vor vier Jahren nicht mehr, als er Trump besiegte. Doch diese Woche hat vor Augen geführt, wie schwierig es diesmal für ihn wird, noch einmal zu gewinnen. Bei den Afroamerikanern erodiert die Unterstützung für ihn, bei den Latinos ebenso, die Muslime sowie junge Wähler wenden sich enttäuscht von ihm ab, weil er sich von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vorführen lässt.

So verharren Bidens Zustimmungswerte unter 40 Prozent. Je näher der Wahltermin am 5. November rückt, desto weniger lassen sich die Umfragen als irrelevant abtun, weil sie sich jeweils vom Frühjahr an als aussagekräftig erwiesen haben für das Wahlresultat. Biden fährt seine Kampagne erst hoch, aber er muss schnell Resultate liefern, um sein Image noch auffrischen zu können.

Für Donald Trump hingegen läuft es gerade richtig gut. Zwar genießt er als ehemaliger Präsident keine Immunität, wie ein Gericht am Dienstag festgehalten hat. Doch bleibt unklar, ob es der Justiz gelingen wird, Trump wegen des Sturms auf das Kapitol noch vor dem Wahltag den Prozess zu machen. Von dieser Wahl dürfte Trump nicht mehr ausgeschlossen werden, wie die Richter am Supreme Court am Donnerstag haben durchblicken lassen.

Ein Ex-Präsident mit Diktatorenfantasien, was für eine Alternative

Derweil beweist der starke Mann bei den Republikanern, dass er auch den Kongress nach seiner Pfeife tanzen lassen kann: Einen Kompromiss zum Schutz der Grenze sowie zur Unterstützung der Ukraine und Israels ließ er scheitern, weil seine Kampagne auf Stimmungsmache gegen Migranten setzt. Er stellt damit die Sicherheitsordnung Europas auf den Kopf, die seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem bedingungslosen Rückhalt der USA fußt.

Es sieht ganz so aus, als ob die Amerikaner vor die Wahl gestellt werden, ob sie das Weiße Haus einem 81 Jahre alten Präsidenten anvertrauen wollen, an dessen Amtsfähigkeit Zweifel bestehen. Oder einem dann 78 Jahre alten Ex-Präsidenten mit Diktatorenfantasien. Zu beneiden sind die Wählerinnen und Wähler nicht um diese Auswahl. Aber alle anderen auf der Welt genauso wenig, die ebenfalls mit den Folgen werden leben müssen.

About this publication