Bush’s Rainbow Speech

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02. April 2008 Vergangene Woche bat der amerikanische Präsident Bush einige europäische Journalisten zu sich, um über den bevorstehenden Nato-Gipfel in Bukarest zu reden. Dabei kam es zu folgendem Zwiegespräch. Bush: „Sprechen die Leute noch von der Regenbogen-Rede? Waren Sie dabei?“ Journalistin: „Ja.“ Bush: „Das war ein erstaunlicher Augenblick, nicht wahr?“ Journalistin: „Ja, es war ein erstaunlicher Augenblick, ja.“ Bush: „Ich hielt eine Rede auf dem Platz, auf dem Ceausescu seine letzte Rede gegeben hatte. Es regnete, und als ich gerade anfing zu sprechen, da erschien ein vollständiger Regenbogen.“ Journalistin: „Ja, und Sie sprachen über eine Brücke zum neuen Russland.“ Bush: „Ja.“ Journalistin: „Sie erinnern sich daran?“ Bush: „Ich erinnere mich vor allem an den Regenbogen. Es war ein aufsehenerregender Augenblick.“

Bushs Bemerkungen dürften ziemlich genau die Gemütslage wiedergeben, in der er in die rumänische Hauptstadt zurückkehrt. Es ist sein Abschiedsbesuch bei den Nato-Partnern, sein letztes großes Gipfeltreffen in Europa. Dem Präsidenten, so sagen Diplomaten, gehe es nur noch um sein transatlantisches Vermächtnis, um das Nato-Kapitel in den sicher umfangreichen Einträgen, die er in den Geschichtsbüchern hinterlassen wird.

Eine große ukrainische Diaspora

Dazu gehört allerdings ein Projekt, das schon beim feierlichen Abendessen, mit dem der Gipfel eröffnet wird, zu deutlichen Meinungsverschiedenheiten unter den versammelten 26 Staats- und Regierungschefs führen dürfte. Bush möchte die Ukraine und Georgien näher an die Nato heranführen, zwei wacklige Transformationsstaaten, die er seit längerem für ihre Demokratisierungsbemühungen belohnen will. Bush würde die beiden Länder gern in das Beitrittsprogramm der Nato aufnehmen, den sogenannten „Membership Action Plan“ (MAP).

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Dieses Vorhaben hat die Nato ziemlich glatt zwischen Ost und West gespalten, zumindest in Europa. Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, die Niederlande, Portugal und Luxemburg haben große Vorbehalte. Von den alten westlichen Mitgliedstaaten kommt nur von Kanada, das eine große ukrainische Diaspora beherbergt, offene Zustimmung; die Briten hielten sich eher zurück. Die meisten osteuropäischen Verbündeten sind dagegen dafür. Gerade Polen und die baltischen Staaten sehen sich als Anwalt von früheren Sowjetrepubliken in der Nato (und der EU).

Kein Kompromiss in den Nato-Gremien

Von deutscher Seite wird vor allem der Einwand erhoben, dass derzeit weder die Ukraine noch Georgien die innenpolitischen Voraussetzungen erfüllen, die man von einem künftigen Nato-Mitglied erwartet. In der Ukraine sind laut Umfragen siebzig Prozent der Bevölkerung gegen einen Beitritt zum Bündnis; in Georgien gibt es zwei abtrünnige Gebiete (Südossetien, Abchasien), die eine Sicherheitsgarantie der Nato für die Landesgrenzen äußerst problematisch erscheinen lassen. Hinzu kommt russischer Widerstand, der in Berlin wieder einmal Eindruck macht. Von den Verantwortlichen ist zu hören, dass die Amerikaner zwar recht hätten mit der Feststellung, dass Moskau kein Vetorecht in der Allianz genieße. Es sei aber auch zu bedenken, dass der Westen die Beziehungen zu Russland in der Kosovo-Frage gerade erst bis zur äußersten Grenze belastet habe. Da müsse man darüber nachdenken, was es bedeute, wenn man da gerade jetzt noch „obendrauf“ sattle.

Die Rede auf dem Platz, auf dem Ceausescu seine letzte Rede gegeben hatte

In den Gremien der Nato ließ sich da vorab kein Kompromiss erzielen. Das war auch Bush vor seiner Anreise klar, weil er betonte, dass eine Entscheidung erst in Bukarest getroffen werde. Über das Wochenende telefonierte er noch einmal fleißig, um die Verbündeten von seinem Standpunkt zu überzeugen. Immerhin war auch von den Deutschen zu hören, dass sie dafür seien, den beiden Ländern in Bukarest eine Intensivierung der Beziehungen zur Nato anzubieten – aber eben nicht in Form des MAP, weil der direkt zum Beitritt führt.

Innerstaatliche Defizite

Das ist nicht das einzige schwierige Thema, das die Allianz im 59. Jahr ihres Bestehens in der rumänischen Hauptstadt abzuhandeln hat. Eigentlich sollte die Veranstaltung ein „Erweiterungsgipfel“ werden, auf dem die Nato entscheiden wollte, ob sie Kroatien, Mazedonien und Albanien zum Beitritt einladen solle. Keiner dieser Staaten ist ein militärisches Schwergewicht, aber die überwiegende Mehrzahl der Verbündeten ist der Auffassung, dass ihre Aufnahme eine stabilisierende Wirkung auf die durch die Unabhängigkeit des Kosovos aufgewühlte Region haben würde.

Ankunft: Die Bushs in Bukarest

Dieser Plan, bei dem im Falle Albaniens über einige innerstaatliche Defizite hinwegzusehen wäre, könnte nun aber einem alten, auf alle Unbeteiligten kleinlich wirkenden Streit über den offiziellen Staatsnamen Mazedoniens zum Opfer fallen. Griechenland erkennt Mazedonien nicht als Mazedonien an, weil es eine Nordprovinz gleichen Namens hat. Längere Verhandlungen unter Vermittlung der Vereinten Nationen haben zuletzt „Republik Mazedonien (Skopje)“ als Kompromiss hervorgebracht, was die Griechen am Montag allerdings in einer Sitzung in Brüssel ablehnten. Die griechische Regierung fürchtet um ihr Überleben, weil die Sache in der Innenpolitik des Landes hoch emotional behandelt wird. Diplomaten wollten nicht ausschließen, dass in Bukarest sogar über Albanien noch einmal eine Grundsatzdebatte ausbricht, sollten die Griechen den Beitritt Mazedoniens verhindern.

Putin kommt nach Bukarest

Am Donnerstag, dem zweiten Gipfeltag, wird es in Bukarest auch um die laufenden Einsätze gehen, vor allem in Afghanistan und im Kosovo. Die Amerikaner haben vorab wissen lassen, dass sie wieder einmal alle zu einem größeren Engagement am Hindukusch aufrufen werden, in Form von Geld, Truppen und anderem. Den Deutschen, die da reflexhaft die Aufforderung heraushören, in den umkämpften Süden zu gehen, hat Bush vorab in einem Interview versichert, dass er zufrieden sei, wenn sie im Norden blieben. So dürfte sich das allgemeine Interesse auf den französischen Präsidenten Sarkozy richten, der in Bukarest wohl die Entsendung von 1000 zusätzlichen Soldaten und einer weiteren Spezialeinheit nach Afghanistan verkünden wird.

Am Freitag findet schließlich der Nato-Russland-Rat statt, auf dem sich noch ein Großer von der Allianz verabschiedet: Auf Einladung des Bündnisses kommt der scheidende russische Präsident Putin nach Bukarest (Siehe auch: Nato-Gipfel: Bush und Putin stehen im Mittelpunkt). Ob er die Bühne zu einer letzten Philippika gegen seine Gastgeber nutzt, dürfte von deren Beschlusslage zur Ukraine und zu Georgien abhängen; sein Außenminister fachte die Glut schon einmal ein wenig an und sprach von einem „unverschämten“ Vorgang. Ansonsten liefen die Vorbereitungen der Sitzung in Brüssel aber harmonisch. Die Russen sind bereit, mit der Nato ein Transitabkommen zu schließen, so dass sie den Transport für ihre Schutztruppe in Afghanistan über russisches Gebiet vornehmen kann; ein entsprechendes bilaterales Abkommen hat bisher nur Deutschland. Die immer wieder scharfen öffentlichen Äußerungen der Russen über die Nato machten sich in der Praxis nicht bemerkbar, berichten westliche Diplomaten.

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