The Message of the Rose

<--

Die Botschaft der Rose

VON KARL DOEMENS

Diesmal bloß keine Massen, keine Bilderflut bei Obamas Besuch. Kairo, Buchenwald, Normandie – dazu passt kein deutscher Wahlkampf.

Am Ende dauerte die Pressekonferenz viel länger als geplant, und Barack Obama nahm sich demonstrativ noch Zeit für eine Besichtigung der Dresdner Frauenkirche. Dass “wilde Spekulationen” über eine angebliche Verstimmung im transatlantischen Verhältnis seinen Kurz-Aufenthalt in Deutschland überschatten würden, daran hat der US-Präsident kein Interesse. Und dennoch prägen sich vom dritten Besuch Obamas in der Bundesrepublik binnen eines Jahres deutlich andere Bilder ein als von den früheren Visiten: Keine euphorischen Menschenmassen wie beim Auftritt des Präsidentschaftskandidaten an der Berliner Siegessäule. Keine eleganten Abendroben wie beim Nato-Treffen im Kurhaus von Baden-Baden. Nicht einmal bunte Amerika-Fähnchen oder ein Händeschütteln mit ausgewählten Fans. Ja, selbst sein gewinnend-strahlendes Lachen setzte der populäre Politiker eher sparsam ein.

Für die nüchterne Stimmung lassen sich eine Reihe von Gründen finden. Dass Obama nicht alle Hoffnungen erfüllen kann, die er als Anti-Bush beim deutschen Publikum geweckt hat, ist einer. Bei den mehr als holprigen Verhandlungen mit der US-Administration über das Schicksal des Autobauers Opel oder dem Gerangel über die mögliche Aufnahme ehemaliger Guantánamo-Häftlinge hat sich dies deutlich gezeigt. Auch ist das Verhältnis des US-Präsidenten und der Kanzlerin eher von Respekt als von persönlicher Freundschaft geprägt. Mit dem in grauer Vorzeit verwehrten Auftritt Obamas vor dem Brandenburger Tor hat das indes weit weniger zu tun als mit dem unterschiedlichen Naturell des charismatischen Politstars und der pragmatischen Naturwissenschaftlerin.

Viel entscheidender als alle diese Erklärungen aber ist die Intention von Obamas Reise. Eher zufällig bot sich die Bundesrepublik als Zwischenstopp auf seinem Weg von Ägypten nach Frankreich an. Der US-Präsident kam ohne spezifische Botschaft nach Deutschland. Umso ausführlicher und eindringlicher sprach er über eine Friedenslösung für den Nahen Osten. In Kairo hatte er den Moslems in einer großen Rede die Hand gereicht. In der Normandie wird er den Boden betreten, auf dem vor 65 Jahren die Befreier vom Faschismus landeten. Symbolträchtig führt er so vor, wie nach einem “gerechten Krieg” die Demokratie Freiheit und Wohlstand bringen kann.

Deshalb und nicht wegen der für das US-Publikum anrührend aufbereiteten Geschichte seines Onkels Charles Payne war für Obama der Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald so wichtig, an dessen Befreiung die US-Armee beteiligt war. Die weiße Rose auf dem Gedenkstein des Todescamps ist das Motiv des Tages. Das sollte nicht durch eine barocke Bilderflut aus der Dresdner Semperoper oder der Weimarer Amalia-Bibliothek überlagert werden.

Noch weniger wollte sich Obama in den deutschen Wahlkampf hineinziehen lassen. Deswegen verweigerte er Merkel ein fernsehgerechtes Bad in der Menge. Außenminister Steinmeier traf er gar nicht, weil das Protokoll der CDU-Kanzlerin den SPD-Herausforderer zum Statisten abgestempelt hätte. So schrumpfte Deutschland bei Obamas Besuch zur Kulisse. Substanzielle Bewegung in den Beziehungen beider Länder wird es erst geben, wenn entschieden ist, wer künftig in Berlin das Sagen hat.

About this publication