A Tiff with Big Brother

Published in Junge Welt
(Germany) on 12 November 2010
by Klaus Fischer (link to originallink to original)
Translated from by Ron Argentati. Edited by Gheanna Emelia.
Washington has troubles with its entourage. After days of wrangling between President Obama and Germany’s Chancellor Angela Merkel, they managed to call a sort of verbal cease-fire on Thursday. Obama had invited Merkel to meet with him just prior to the opening of the G20 Summit in Seoul. The reason for the discussion: the economic dissent between Big Brother and his faithful ally was threatening to develop into a major confrontation in the South Korean capital.

That wasn’t the way things were supposed to go. The G20 nations were supposed to give the U.S. plan their approval and the recovery was to have begun from New York to San Francisco. In the run up to the meeting, Obama and Treasury Secretary Timothy Geithner authoritatively and pretentiously tried to blame America’s slow-paced recovery on China, Germany and Japan because of their export surpluses which they claimed caused imbalances in world trade. In addition, they claimed, China was manipulating its currency to keep it artificially cheap. That, they claimed, made it easy for China to flood the U.S. market with low-priced goods. U.S. manufacturers, they claimed, were being to forced to close up shop and lay off their workforce. That had to end, they said, and export surpluses had to be limited to 4 percent.

Germany’s Angela Merkel was rightly peeved not only because of Obama’s arrogance, but because he also told her that he had written a letter in which he wanted to allay Berlin’s fears about the summit but that the letter hadn’t reached her in time. All other G20 participants had received it but Merkel was expected to change her view in the interests of the situation. Merkel, not unreasonably, noted that Germany was adhering to one of the most important basic principles of capitalism, namely, competition. Those nations that were industrially competitive didn’t deserve to be penalized. She also pointed out that the Federal Reserve’s expectation of paying off the U.S. debt by printing new money wasn’t really an acceptable part of market economics. The Fed’s decision to print an additional $600 billion in order to buy up U.S. Treasury bonds had no real goal and would lead only to new speculative bubbles in the market, Merkel noted. In this regard, she was in agreement with the Chinese, Japanese and Brazilian governments.

The United States faces the dilemma of wanting to be the world’s only superpower but not being able to afford the luxury. It was, after all, “corporate America” that shifted U.S. production to China in order to reap outstanding profits from cheaper labor. In America, that was compensated for by the introduction of “innovative financial products” from Wall Street. After the bubbles all burst, the United States now finds itself without an economic model that can finance its superpower expenditures while also guaranteeing its citizens a decent standard of living. That won’t be found in Seoul either.


Zoff mit Big Brother
Von Klaus Fischer
12.11.2010


Washington hat Ärger mit seinem Gefolge. Nach tagelangem Schlagabtausch vereinbarten US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag eine Art verbaler Waffenruhe. Unmittelbar vor Beginn des G-20-Gipfels in Seoul hatte Obama die Kanzlerin zu einem Gespräch gebeten. Grund: Der wirtschaftspolitische Dissens zwischen dem großen Bruder und seinem treuen Verbündeten drohte sich zu einer Blockkonfrontation in der südkoreanischen Hauptstadt zu entwickeln.

Das war nicht so geplant. Auf dem Gipfel sollten statt dessen die US-Agenda abgenickt und die Weichen für einen Aufschwung zwischen New York und San Francisco gestellt werden. Verbindlich im Ton und anmaßend im Anspruch hatten Obama und sein Finanzminister Timothy Geithner im Vorfeld des Treffens der 20 (angeblich) wichtigsten Wirtschaftsmächte die Schuldigen an der schleppenden Entwicklung in den Vereinigten Staaten und einem Teil der westlichen Welt ausgemacht: China, Deutschland und Japan verursachten mit ihren Exportüberschüssen Ungleichgewichte im ökonomischen Gefüge der Welt. Peking manipuliere zudem seine Währung, so daß sie künstlich billig gehalten werde. Dies mache es den Chinesen so leicht, den nordamerikanischen Markt mit billigen Waren zu überschwemmen. US-Fabrikbesitzern bliebe nur, ihre Läden dichtzumachen und die Arbeiter an die Luft zu setzen. Das, so Obama und Geithner, müsse ein Ende haben, und Exportüberschüsse sollten auf vier Prozent begrenzt werden.

Die deutsche Regierungschefin dürfte nicht nur verschnupft über Oba­mas Arroganz sein. Der eröffnete ihr in Seoul, daß er ihr einen Brief geschrieben habe, mit dem er alle Bedenken Berlins zerstreuen wollte. Leider sei das Schreiben nicht rechtzeitig im Kanzleramt eingetroffen – alle anderen G-20-Teilnehmer sollen es indes erhalten haben … Aber Merkel muß ohnehin interessenbedingt eine andere Sicht der Lage haben. Nicht ganz zu Unrecht beruft sich Berlin auf eines der wichtigsten Glaubensbekenntnisse des Kapitalismus – den Wettbewerb. Wer eine leistungsfähige Industrie habe, dürfe dafür nicht bestraft werden. Nicht im Sinne der Marktwirtschaft seien vielmehr die Versuche der US-Notenbank Fed, die Schulden des Landes mit frischem Geld aus der Notenpresse zu bezahlen. Die Entscheidung der Fed, für 600 Milliarden Dollar eigene Staatsschuldverschreibungen aufzukaufen, sei nicht zielführend und begünstige lediglich neue Spekulationsblasen, befand Merkel. Sie wußte sich in dieser Frage einig mit den Regierungen Chinas, Japans und auch Brasiliens.

Die USA stehen weiter vor dem Dilemma, einzige Supermacht sein zu wollen, dieses aber nicht mehr ausreichend finanzieren zu können. Es war nicht zuletzt »Corporate America«, das Produktion nach China verlagerte und so herausragende Profite aus der Lohnkostendifferenz schlagen konnten. Kompensiert wurde das hauptsächlich durch den Handel mit »innovativen Finanzprodukten« an der Wall Street. Nachdem deren Schneeballspiele (vorerst) geplatzt sind, fehlt den Vereinigten Staaten ein Geschäftsmodell, ihre Supermacht-Ausgaben zu finanzieren und gleichzeitig der Masse der eigenen Bevölkerung Wohlstand zu garantieren. Dies wird auch in Seoul nicht zu finden sein.
Zoff mit Big Brother
Von Klaus Fischer
12.11.2010


Washington hat Ärger mit seinem Gefolge. Nach tagelangem Schlagabtausch vereinbarten US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag eine Art verbaler Waffenruhe. Unmittelbar vor Beginn des G-20-Gipfels in Seoul hatte Obama die Kanzlerin zu einem Gespräch gebeten. Grund: Der wirtschaftspolitische Dissens zwischen dem großen Bruder und seinem treuen Verbündeten drohte sich zu einer Blockkonfrontation in der südkoreanischen Hauptstadt zu entwickeln.

Das war nicht so geplant. Auf dem Gipfel sollten statt dessen die US-Agenda abgenickt und die Weichen für einen Aufschwung zwischen New York und San Francisco gestellt werden. Verbindlich im Ton und anmaßend im Anspruch hatten Obama und sein Finanzminister Timothy Geithner im Vorfeld des Treffens der 20 (angeblich) wichtigsten Wirtschaftsmächte die Schuldigen an der schleppenden Entwicklung in den Vereinigten Staaten und einem Teil der westlichen Welt ausgemacht: China, Deutschland und Japan verursachten mit ihren Exportüberschüssen Ungleichgewichte im ökonomischen Gefüge der Welt. Peking manipuliere zudem seine Währung, so daß sie künstlich billig gehalten werde. Dies mache es den Chinesen so leicht, den nordamerikanischen Markt mit billigen Waren zu überschwemmen. US-Fabrikbesitzern bliebe nur, ihre Läden dichtzumachen und die Arbeiter an die Luft zu setzen. Das, so Obama und Geithner, müsse ein Ende haben, und Exportüberschüsse sollten auf vier Prozent begrenzt werden.

Die deutsche Regierungschefin dürfte nicht nur verschnupft über Oba­mas Arroganz sein. Der eröffnete ihr in Seoul, daß er ihr einen Brief geschrieben habe, mit dem er alle Bedenken Berlins zerstreuen wollte. Leider sei das Schreiben nicht rechtzeitig im Kanzleramt eingetroffen – alle anderen G-20-Teilnehmer sollen es indes erhalten haben … Aber Merkel muß ohnehin interessenbedingt eine andere Sicht der Lage haben. Nicht ganz zu Unrecht beruft sich Berlin auf eines der wichtigsten Glaubensbekenntnisse des Kapitalismus – den Wettbewerb. Wer eine leistungsfähige Industrie habe, dürfe dafür nicht bestraft werden. Nicht im Sinne der Marktwirtschaft seien vielmehr die Versuche der US-Notenbank Fed, die Schulden des Landes mit frischem Geld aus der Notenpresse zu bezahlen. Die Entscheidung der Fed, für 600 Milliarden Dollar eigene Staatsschuldverschreibungen aufzukaufen, sei nicht zielführend und begünstige lediglich neue Spekulationsblasen, befand Merkel. Sie wußte sich in dieser Frage einig mit den Regierungen Chinas, Japans und auch Brasiliens.

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