GM ist noch nicht börsenreif
von Gregor Haake
17.11.2010
Fast pleite, Rettung in letzter Minute, glanzvolle Auferstehung, Börsengang: eine Geschichte ganz nach dem Geschmack der Amerikaner. Sie hat nur einen Schönheitsfehler: General Motors hat für einen Erfolgskurs weder die nötige Strategie, noch die richtigen Autos.
Eine Geschichte wie die Rückkehr von GM hätte Hollywood kaum besser inszenieren können. Erst ganz oben, dann der tiefe Fall, nun ein glanzvolles Comeback. So läuft das in Amerika. Doch ähnlich wie im Film ist auch bei GM vieles nur Blendwerk. Der Konzern steht lange nicht so gut da, wie die große Nachfrage nach Aktien es nahe legt. Börsenreif ist der Autobauer nicht. Das Comeback kommt zu früh. Das Unternehmen hat noch nicht bewiesen, dass es über den Berg ist.
Die Krise wurde vor allem durch eine verfehlte Modellpolitik und den unerschütterlichen Glauben an die eigene Unbesiegbarkeit ausgelöst. Jahrzehntelang war GM der weltgrößte Autobauer. Das machte den Konzern träge. Detroit produzierte an den Bedürfnissen der Kunden vorbei. Nur auf dem US-Markt kamen die Muscle-Cars, die dicken Pick-ups und Spritfresser noch an. Der Rest der Welt hatte sich längst vom PS-Wahnsinn verabschiedet. Nur merkte das Amerika erst, als auch dort die Nachfrage wegbrach.
In der Insolvenz warf der Konzern viele Lasten von Bord, verkaufte unrentable Marken und wurde Schulden los. Das honorieren Investoren. Aber sie entscheiden nicht über die Zukunft. Das tut der Kunde. Für den hat GM aber nicht viel zu bieten – zumindest nicht außerhalb Nordamerikas. Dem Konzern fehlen verbrauchsarme Autos und eine nachvollziehbare Elektro-Strategie.
Zu lange setzte das Unternehmen aus Detroit blind auf große Pick-ups. Aber die haben keine Zukunft. Auch wenn sie derzeit dazu beitragen, dass GM wieder Gewinn macht, sind sie letztlich doch Auslaufmodelle. Denn die Spritpreise werden angesichts der weltweit hohen Ölnachfrage wieder steigen. Konzerne wie Toyota und VW , die schärfsten Konkurrenten von GM, sind den Amerikaner mit kleinen und sparsamen Fahrzeugen längst enteilt. Es wird eine Weile dauern, bis Detroit diesen Rückstand aufgeholt – wenn es überhaupt gelingt.
Eine weitere Schwäche bleibt die Konzentration auf den Heimatmarkt. Nur in Nordamerika ist GM wirklich stark. In vielen anderen Regionen der Welt hinkt der Konzern hinterher – auch in Europa. Die deutsche Tochter Opel bereitet den Managern trotz aller Sanierungsversuche große Sorgen. Noch immer schreibt der Traditionshersteller rote Zahlen und ist GM ein Klotz am Bein. Mit dem Elektrowagen Ampera versucht Opel zwar das Image aufzupolieren. Doch so schnell wird das Auto sicher nicht zum Kassenschlager. Die Kosten für Hersteller und Kunden sind zu hoch.
Der Konzern benötigt eine neue Strategie, um die ambitionierten Konkurrenten aus Deutschland und Asien in Schach zu halten. Auch in personeller Hinsicht ist Kontinuität nötig. Der Autobauer verschliss binnen weniger Jahre drei Chefs. Boss Nummer vier, Dan Akerson, muss die nötige Zeit bekommen, um die Begeisterung der Investoren zu rechtfertigen. Denn die wetten auf eine goldene Zukunft der amerikanischen Industrie-Ikone. Bleibt nur zu hoffen, dass nicht Hollywood das Drehbuch zum Comeback des Autobauers geschrieben hat.
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