Kampf Gegen Al-Kaida:
Mehr Chiffre als Machtfaktor
Von Christoph Prantner
30. September 2011
Zwei der 19 Attentäter vom 11. September 2001 besuchten seinerzeit seine Predigten in einer Moschee in San Diego, Kalifornien. Nun, keine drei Wochen nach dem zehnten Jahrestag der 9/11-Anschläge, haben die Amerikaner auch Anwar al-Awlaki getötet. Damit ist den USA ein weiterer spektakulärer Schlag gegen den militanten Islamismus gelungen. Nach Osama Bin Laden haben sie das – neben Ayman al-Zawahiri – letzte wirklich prominente “Gesicht” der Al-Kaida eliminiert.
Der in den USA geborene Awlaki galt den Amerikanern als eloquenter Übersetzer seiner extremistischen Ideologie ins Englische und als geschickter Einflüsterer todessehnsüchtiger Terrorrekruten. Manche Analysten klassifizierten ihn als wichtigen Kommandanten der Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel, andere sehen nach seinem Tod keinerlei Auswirkungen auf die Operationsfähigkeit der Terrorgruppe im Jemen und darüber hinaus.
Was trotz aller Unwägbarkeiten wohl zutrifft, ist, dass Al-Kaida mit Awlaki seinen fähigsten Propagandisten verloren hat. Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gruppe zuletzt mehr Chiffre als Machtfaktor war. Die USA haben es heute vielmehr mit doppelzüngigen pakistanischen Geheimdienstlern, wahhabitischen Missionaren am Horn von Afrika und schwer zu kalkulierenden Eiferern in Nordafrika zu tun. So gesehen ist Awlakis Tod für sie ein Erfolg, aber eben auch nur auf der Propagandaebene. (Christoph Prantner, STANDARD-Printausgabe, 1./2.10.2011)
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