Left-Wing Friends from the Right

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Da setzen sich immer mehr Hardcore-Leute via FAZ vom ausgelaugten Konservativismus ab, und das soll nichts zu bedeuten haben, weil es ja leider keine Alternative gebe?

“Markt pur ist Wirtschaft pervers. Markt pur ist der pure Wahnsinn.“ Das sagte kein durchgeknallter Linker aus dem Kreise der üblichen Verdächtigen, sondern der leibhaftige Vorsitzende der CSU. Dieser Tage gesprochen auf dem Nürnberger Parteitag, landesweit verbreitet über die Fernsehkanäle.

Derweil nahm in den USA die Zahl der Protestierer gegen das Bankenwesen unter dem Motto „Besetzt die Wall Street“ zu. Auch die amerikanischen Medien seien auf diese Bewegung aufmerksam geworden, nachdem 700 Demonstranten bei einem Marsch über die Brooklyn Bridge stundenlang den Verkehr lahmgelegt hatten, war zu vernehmen.

„Ist das der Beginn einer neuen revolutionären Bewegung ?“, fragte die Moderatorin einer TV-Sendung. Schnell-Interpreten wollen gar schon eine Parallele zu den revolutionären Bewegungen in den arabischen Ländern beschwören. Und unser greiser Experte für Mediation, Revolution und Stresstests aller Art raunt düster in die Kameramikrofone, auch in unserer Jugend werde sich sicher bald etwas zusammenbrauen.

Dass ich mich bei meiner anschwellenden Philippika einmal auf einen FAZ-Mitherausgeber würde berufen können, überrascht mich dann doch. „Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarktökonomie entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik. So abgewirtschaftet sie schien, sie ist nicht nur wieder da, sie wird auch gebraucht. Und weiter: Globalisierung bedeutet nur, dass Banken die Gewinne internationalen Erfolgs an sich reißen und die Verluste auf jeden Steuerzahler jeder Nation verteilen.“

Hardcore-Leute in der FAZ

Geradezu revolutionär klingt es, wenn Frank Schirrmacher am 14. August den erzkonservativen britischen Thatcher-Biografen Charles Moore mit dessen Analyse zitiert: „Denn wenn die Banken, die sich um unser Geld kümmern sollen, uns das Geld wegnehmen, es verlieren und aufgrund staatlicher Garantien dafür nicht bestraft werden, passiert etwas Schlimmes. Es zeigt sich – wie die Linke immer behauptet hat – dass ein System, das angetreten ist, das Vorankommen von vielen zu ermöglichen, sich zu einem System pervertiert hat, das die Wenigen bereichert“.

Unterstellt, diese Reaktivierung linker Kapitalismuskritik sei eine ernstzunehmende Aussicht, wäre die revolutionäre Einheitsfront gegen den globalen Klassenfeind nur eine Frage der Zeit. Rolf Hochhuth, der seit langem die Revolution fordert, Arm in Arm mit den FAZ-Leuten auf den Barrikaden aus Euro-Paletten und Ikea-Möbeln: ein unschlagbares Team!

Wenn aber nun am 28. August Michael Naumann mit seiner Regierungserfahrung aus den Schröder-Jahren im Feuilleton der FAZ die exhumierte Linke gleich wieder beerdigt, ist die Verwirrung wieder perfekt: „Links sind höchstens noch Erinnerungen. Als die Finanzmärkte entfesselt wurden, entschied sich die rot-grüne Regierung, das deutsche Großkapital zu fördern.“

Da setzen sich immer mehr Hardcore-Leute via FAZ vom ausgelaugten Konservativismus ab, und das soll nichts zu bedeuten haben, weil es ja leider keine Alternative gebe? Alles nur ein Spiel, „Vorhang zu und alle Fragen offen?“ Zeit, den Transfer des Feuilletons in die Politik zu organisieren. Auch der Sockel des monumentalen Chemnitzer Karl-Marx-Kopfes bedarf übrigens dringend der Sanierung.

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