Little to Nothing

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Wenig bis nichts

Konrad Ege

20.03.2014

USA Barack Obamas Russland-Politik pendelt auch während der Ukraine-Krise zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Auch bei ökonomischer Hilfe muss sich Kiew bescheiden

Das Verlangen, Russland nochmal eins auszuwischen, ist in Teilen der politischen Klasse der USA durchaus vorhanden. Auch wenn diese Haltung in Moskau Impulse stärkt, die das Zusammenleben mit der Großmacht im Osten erschweren. Bei der Ukraine-Krise erhält das anti-russische Motiv aber Treibstoff durch Demütigungssehnsüchte anderer Art: Barack Obama lässt sich damit nämlich auch eins auswischen. Er kann in seiner Schwäche vorgeführt werden. Inzwischen wird sogar Sarah Palin, die Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner, als Expertin zitiert. Sie hatte im Wahlkampf 2008 mit Sicht auf Russland von ihrem Wohnzimmer in Alaska aus vor Wladimir Putin gewarnt, der bei unzureichender amerikanischer Härte möglicherweise die Ukraine angreifen würde.

Barack Obama war 2009 mit der Absicht angetreten, die USA und Russland müssten in ihren Beziehungen den „Reset-Knopf“ drücken. Doch schnell häuften sich die Konflikte: Syrien, Libyen, Iran, Edward Snowden, der Verräter mit den hard drives von der NSA, der ausgerechnet in Moskau Zuflucht fand. Aus der Sicht Obamas eine Ohrfeige. Doch so ganz wollte der Präsident nie von dem Gedanken lassen, dass die schwierige Suche nach Gemeinsamkeiten mit Russland für die USA nützlicher sei als Konfrontation. Bei den Olympischen Winterspielen hat sich die US-Regierung mit Schmähungen zurückgehalten und bei Sicherheitsfragen mit Moskau kooperiert. So lagen zwei US-Kriegsschiffe vor der Küste Sotschis.

Dann kam die Ukraine, der Aufstand vom Maidan, wie es hieß, vor Ort begrüßt von der im US-Außenministerium für die Europafragen zuständigen Diplomatin Victoria Nuland und Geoffrey Pyatt, dem US-Botschafter in Kiew. In Jahrzehnten werden Historiker einmal Dokumente ausgraben, die vielleicht zeigen, was sich die führenden Köpfe in den USA vorgestellt hatten, wie es weitergehen würde nach dem Sturz Viktor Janukowitschs.

Wladimir Putin schert sich offenbar wenig um Vorwürde aus den USA und der EU, dass er auf der Krim internationales Recht breche. Um so mehr lärmen Obamas Kritiker, Interventionisten aus der eigenen Partei, Republikaner und rechte Publizisten, der Präsident müsse zur Tat schreiten. So empfiehlt Zbigniew Brzeziński, Jimmy Carters einstiger Sicherheitsberater, bestimmte NATO-Streitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen, „um den Diktator im Kreml, zum Teil eine ulkige Imitation von Mussolini und eine bedrohlichere Erinnerung an Hitler, zu warnen“. Der Westen solle klar machen, das ukrainische Heer könne auf „sofortige und direkte Hilfe“zählen, um seine Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Der republikanische Senator Lindsey Graham formuliert, man müsse „eine demokratische Schlinge um Putins Russland legen“. Die New York Times will wissen, ob Obama „robust“ genug sei, um sich mit einem ehemaligen KGB-Oberst anzulegen.

In dieser Atmosphäre schwankt Obama zwischen dem Wunsch nach Sanktionen, die freilich auch von Europa mitgetragen werden müssten, und Diplomatie, die sich per Definition durch den Versuch auszeichnet, die Interessen der Gegenseite zu verstehen. Kerry flog zusammen mit Nuland und einer Kreditgarantie von gerade einer Milliarde Dollar zu Übergangspremier Jazenjuk. Er zeigte mit der mageren Kreditzusage: Was die USA tun können und wollen, ist weniger, als man angesichts der amerikanischen Rhetorik erwarten könnte.

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