Wollen die Vereinigten Staaten weiter Weltmacht bleiben, müssen sie ihre Brainpower gegenüber China stärken. Das aber wird nur funktionieren, wenn sie hoch qualifizierte Einwanderer in ihr Land locken.
Zwischen 2001 und 2015 fällt – so eine Gallup-Umfrage vom April 2015 – der Anteil der sich zur Oberschicht zählenden Amerikaner von drei auf ein Prozent. Die sich als obere und untere Mittelschicht Klassifizierenden sinken von 63 Prozent auf 51 Prozent. Von 33 auf 48 Prozent springt dagegen der Anteil der Amerikaner, die sich als Arbeiter oder – zumeist öffentlich versorgte – Unterschichtler einstufen.
Zeitgleich mit dieser Umwälzung fällt keine andere Wirtschaftsnation weiter hinter die Kompetenzfestungen (Ostasiaten, Skandinavier und übrige Anglo-Staaten) zurück als die USA. Nirgendwo nämlich liegen die durch die Lehrer wahrgenommenen Schüler-Kompetenzen tiefer unter dem in US-Dollar gemessenen Wohlstand ihrer Eltern.
Nach Vermögen und Einkommen gelten rund 13 Prozent der Amerikaner als sozial benachteiligt bzw. arm. “Social disadvantage” wird dabei gerne als Kurzformel für die Erklärung schlechter Mathematiknoten verwendet, weil sie Kontroversen über andere Ursachen des Versagens vermeidet. Und in der Tat gibt es in vielen Ländern einen deutlichen Gleichlauf zwischen Geldmitteln der Eltern und Schulleistungen der Kinder. Eine OECD-Studie vom Juli 2014 aber zeigt, dass – aufgrund der verheerenden Noten – Mathematiklehrer an US-Mittelschulen nicht nur die erwarteten 13 Prozent, sondern wuchtige 64,5 Prozent ihrer Schüler für sozial benachteiligt halten.
Nöte der Mittelschicht
Der Niedergang der amerikanischen Mittelschicht – acht Prozent weniger Kaufkraft als 2007 – läuft parallel zu einem Einkommensanstieg um den Faktor 2,5 in der chinesischen Unterschicht. Mit China tritt – wie zuvor mit Japan, Singapur, Taiwan oder Süd-Korea – eine weitere Nation auf die globalen Arbeits- und Talentmärkte, deren “sozial Benachteiligte” höhere schulische Kompetenzen besitzen als der Nachwuchs der amerikanischen Mittelschichten. Das unterstreicht eine OECD-Studie vom Mai 2015, die im 2030er globalen Pool an Ingenieur- und Naturwissenschaftlern 37 Prozent Chinesen, aber nur 4,2 Prozent Amerikaner sieht .
Bis 2030 wird Amerikas Bevölkerung 25,7 Prozent der chinesischen (360 Mill., gegen 1,4 Mrd.) ausmachen. Sein Naturwissenschaftler-Pool wird aber nur 11,4 Prozent des chinesischen erreichen. Will die Weltmacht ihren Status verteidigen, muss sie beim jährlichen Zugewinn an “skilled immigrants” nicht nur die globale Nummer eins bleiben, sondern bei der Menge neugewonnener Talente mindestens noch einmal um den Faktor zwei zulegen.
Gunnar Heinsohn ist emeritierter Professor für Sozialpädagogik an der Universität
Fast alle verfügbaren Könner, die eine neue Heimat suchen, müssten dafür nach Amerika drängen. Doch sie könnten zunehmend zögern. Schon bei PISA 2012 schneiden 51 Prozent aller amerikanischen Kinder in Mathematik mangelhaft, ungenügend oder noch schlechter ab. In Deutschland erreichen solche Tiefststände nur die Migrantenkinder, die bisher aber lediglich ein Drittel des Gesamtnachwuchses stellen.
Schulversager müssen aber auch dann menschenwürdig bezahlt werden, wenn man sie auf den Arbeitsmärkten nicht mehr sucht. Sobald wanderungswillige Asse – vor allem die wegen geringster Geburtenraten besonders knappen Ostasiaten – diese Bürde nicht mehr tragen und Amerika meiden, geht der demokratische Gigant in die Knie.
Leave a Reply
You must be logged in to post a comment.