Donald Trump gibt vor, die USA einen zu wollen. In Wahrheit spaltet er eine schon heute zerrissene Gesellschaft nur noch mehr. Sein Verkaufsschlager: Angst
Ein Kommentar von Rieke Havertz
Die gesellschaftliche Ordnung ist bedroht, die USA laufen Gefahr, sich selbst zu verlieren. Verantwortlich dafür sind aber nicht Terroristen oder Migranten. Es sind vor allem Konservative, die mit Angst und Misstrauen Politik betreiben und so ideologische Gräben vertiefen. Sie wollen mit aller Macht ihr Weltbild schützen, das sie in Gefahr sehen. Law and Order, Recht und Ordnung sind die Mittel, um alles wieder geradezurücken.
Gefährlich ist für sie alles, was anders ist, was nicht dem konservativen Denkmustern entspricht, was Angst macht: Terror, Einwanderer, ein zu mächtiger Staat, der eigene Nachbar, der nicht aussieht oder liebt, wie man selbst. Die Liste ist über die Jahre immer länger geworden, die Gräben in der Gesellschaft tiefer. Die Angst hat viele Gesichter, die konservativen Werte oft genug nur eins: weiß, gläubig, konservativ. Aufrecht, nennen sich diese Bürger gern.
Natürlich ist nicht jeder Republikaner in den USA ein latenter Rassist und Rechtspopulist. Auch das hat der Vorwahlkampf gezeigt, an dessen Ende Donald Trump als republikanischer Präsidentschaftskandidat steht. Viele Republikaner sind toleranter geworden gegenüber Glaubens- und Gleichstellungsfragen, sie verteufeln Staat und hohe Steuern nicht mehr wie in den achtziger Jahren. Aber vielleicht sind noch mehr Republikaner radikaler geworden. Ihr Triumphator ist Donald Trump.
Der Milliardär inszeniert sich selbst als den größten aller Verkäufer in einem Land, das sich mitweilen nur allzu gern blenden lässt von Gold, Glamour und Prominenz und der dahinter stehenden Illusion von Erfolg. Was Trump verkauft, ist jedoch nur oberflächlich Erfolg. Vor allen Dingen verkauft er Angst. Sein Krönungsparteitag in Cleveland folgt dieser Ideologie. Make America Great Again, sein Wahlkampfslogan, ist der rote Faden des Programms. Geklaut hat er den Slogan Ronald Reagan, der ihn für seinen Präsidentschaftswahlkampf 1980 erfand.
Zum Auftakt das Wichtigste: Make America Safe Again, Amerika wieder sicher machen. Die Ordnung wiederherstellen. Aber welche? Trumps Logik folgt nur einer Ordnung: seiner eigenen. Trump ist kein konservativer Ideologe, kein Prediger wie Ted Cruz. Er ist nur ein Marktschreier, der erkannt hat, was sich gerade gut verkaufen lässt: Mauern, Sicherheit, Einreisestopps an den Grenzen. Er wird beklatscht von denjenigen, die sich nach einer Rückkehr zu ihrer Ordnung sehnen: einem Job, der ein Leben lang bleibt, einem Haus, einem Auto und so viel Erspartem, das es für die Anzahlung fürs College der Kinder reicht und all das nicht angegriffen wird. Biografien, die so aber schon lange nicht mehr existieren für die weiße Mittelschicht aus Ohio, Kansas oder North Carolina. Das macht wütend und offen für Versprechungen geschickter Verkäufer.
Das Land braucht eine neue Un-Ordnung
Daran schließt sich Make America Work Again und Make America First Again an, die weiteren Tangenten des Trump-Parteitags. Das Versprechen, Jobs zu schaffen und die USA endlich wieder ganz nach vorn zu bringen. Aber davon profitieren sollen eben aus der Sicht derer, um die Trump wirbt, nur sie selbst. Gemeinschaft, Diversität, Teilen was man hat – all das verkauft Trump nicht. Damit entlarvt sich Trumps größte Lüge des Parteitages in Cleveland, das Motto am morgigen Abschlusstag des Parteitages, an dem sich Trump krönen lässt: Make America One. Amerika wieder vereinen. Ein hübscher Spruch nach den vielen Toten, die das Land in den vergangenen Wochen zu betrauern hatte: Orlando, Baton Rouge, Dallas. Orte, die mit Rassismus, Gewalt und Waffen verbunden sind, die tiefe Wunden hinterlassen haben. Und die, so steht es nun überall, die Ordnung bedrohen.
Trump wird diese Ordnung nicht wiederherstellen. Er wird das Land nicht vereinen. Trump wirbt mit einem Slogan aus den achtziger Jahren. Der damalige Präsident Reagan senkte Steuern, erhöhte Militärausgaben und häufte einen riesigen Schuldenberg an. Doch die USA brauchen eine neue Ordnung, eine, die gesellschaftlich divers ist, tolerant, offen und gegen Gewalt und Rassismus einsteht – eine neue Un-Ordnung.
Donald Trump wäre der falsche Präsident für ein Land, das gerade unter sich selbst leidet. Dessen Gesellschaft aber immer wieder die Kraft zur Selbsterneuerung gezeigt hat. Doch dafür braucht es eine politische Führung, die tatsächlich handelt, wenn sie Vereinigung predigt und verspricht. Trump wird das nicht tun. Unter einem Präsidenten Trump wird es mehr Rassismus geben, mehr soziale Ungerechtigkeit, mehr Isolation und weniger Gemeinschaft und Vielfalt. Donald Trump ist die eigentliche Bedrohung für Amerika.
Leave a Reply
You must be logged in to post a comment.