Bannon ist am Ende, Mueller nicht
Von der Macht hinter Trump zum gescheiterten Rebellen: Stephen Bannon ist tief gefallen, auch durch das Wolff-Buch. Doch Sonderermittler Mueller wird ihn sprechen wollen.
Stephen Bannon, der sich nach seinem Abgang als Chefstratege im Weißen Haus zu einer Art Gegenpapst der Ultrarechten in den USA aufschwingen wollte, hat es versaut: Seinen Job als Herausgeber von Breitbart News ist er jetzt auch los, die rufschädigende Macht der fragwürdigen Nachrichtenseite hatte er zuletzt selbst erfahren müssen. Die Revolution, die er mindestens gegen die alte Elite der republikanischen Partei, wenn nicht gleich gegen den funktionierenden Staat als Ganzes anzetteln wollte, ist abgesagt. Auch weil die schwer konservative Milliardärsfamilie Mercer schon seit Monaten nichts mehr mit dem radikalen Rechtspopulisten zu tun haben will: Ohne deren Geld – das auch in Breitbart steckt – ist Bannons zerstörerische Kraft weitgehend gebrochen.
Dabei stand durchaus zu befürchten, Bannon könne außerhalb des Weißen Hauses weit mehr Schaden anrichten als im engsten Umfeld des Präsidenten. Als Mastermind des irrwitzigen Trump-Wahlkampfs berüchtigt, genoss er nach dem Sieg den Ruf des Einflüsterers – gelegentlich stilisiert zur eigentlichen Macht im Schatten der Realityshowfigur, die plötzlich die USA regieren sollte. Sollte Bannon das überhaupt je gewesen sein, ging er schließlich doch überraschend schnell als Verlierer aus dem Kampf um die Aufmerksamkeit des Präsidenten hervor: Trump warf ihn raus – für manche Beobachter ein Zeichen dafür, dass das destruktiv-ideologische Lager im Weißen Haus seinen Einfluss verloren hatte und die internen Intrigen der Regierung zugunsten einer Professionalisierung beruhigt würden.
Der Abschied von den Fluren der Macht war für Bannon zwar eine schwere Niederlage. Dort hatte er seine Ziele nicht durchsetzen können und dürfte trotz regelmäßiger Telefonate mit Trump nicht mehr viel zu melden gehabt haben. Aber befreit von der offiziellen Funktion setzte er seinen politischen Guerilla-Krieg fort.
Trump first
Bannon kehrte zurück zu Breitbart. Für den Wahlkampf und den Job an der Seite Trumps hatte er dem Mediengeschäft 2016 den Rücken gekehrt – nun sollte die pseudojournalistische ultrarechte Plattform wieder ein Werkzeug seiner großen Mission werden, gleichsam die Stimme eines Aufstands, der die republikanische Partei von innen zu zerbrechen drohte. Es sollte auch nicht bei Worten bleiben: Nach seinem Rauswurf bei Trump versuchte Bannon eine Reihe anstehender Senats- und Gouverneurswahlen im Land aufzumischen und statt etablierter republikanischer Kandidaten hart rechte Populisten in Stellung zu bringen – das Projekt scheiterte in Serie.
Und so war der Aufruhr um Bannons Äußerungen, wie sie in Michael Wolffs sicher übertrieben zur Kenntnis genommenem Enthüllungsbuch Fire and Fury zitiert werden, nur ein letzter lahmer Showdown – dem sich der Ex-Revoluzzer nicht einmal mehr wirklich stellte. Trump tobte, ließ Anwälte und sonstige Schergen von der Leine, während Bannon erst schwieg, sich dann entgegen seines üblichen Temperaments zu einer halbherzigen Entschuldigung und Relativierung durchrang, statt den Rücken gerade zu halten und dem Präsidenten die Stirn zu bieten.
Der Kampf scheint also entschieden. Trump hat einmal mehr unmissverständlich gezeigt, was jenen blüht, deren absoluter Loyalität er sich nicht sicher sein kann. An Bannons ideologisch motiviertem Feldzug gegen das Establishment hat er kein Interesse mehr, weil er jetzt selbst dazu gehört und weiß: Eine weitere Spaltung der republikanischen Basis höhlt nicht nur seinen eigenen Markenkern aus, sondern bedroht spätestens bei den Wahlen im November diesen Jahres auch die Kongressmehrheit der Partei – und damit seine eigene Macht. Oder weniger strategisch gedacht: Die rechtsnationalistische Bewegung, die Trump ins Weiße Haus gebracht hat, um Amerika wieder groß zu machen, und die fest zu ihm steht, kann nur einen Anführer haben. Denn America first hieß schon immer Trump first.
“Unpatriotisch”, “verräterisch”
Trumps Anwälte und Berater haben derweil längst andere Sorgen als Bannons Zitate in Wolffs Buch. Dem Autor und Boulevardjournalisten unterstellen manche ohnehin einen ähnlich freien Umgang mit der Wahrheit wie dem Präsidenten, und der Ex-Breitbart-Mann schafft auch keine beeindruckende Punktzahl auf der Glaubwürdigkeitsskala. Um vom Chaos und der Überforderung im Weißen Haus zu erfahren, braucht es die vermeintlichen Enthüllungen auch gar nicht – darüber ist längst so viel durchgesickert und berichtet worden, dass es niemanden mehr überraschen kann.
Was Bannon jedoch (laut Wolffs Buch) über ein Treffen von Trump-Leuten mit russischen Kontakten, organisiert von Donald Trump Jr., sagt (“unpatriotisch”, “verräterisch”), könnte auf das eigentlich spannende Thema deuten. Eine belastbare Quelle kann Fire and Fury auch dafür nicht sein, aber natürlich träumen gleich wieder die ersten von einer Amtsenthebung Trumps: Sonderermittler Robert Mueller werde schon belegen können, was Bannon nur andeutet, wenn der nicht sogar selbst aus Rache auspacke. Das mag übertrieben klingen, allein schon, weil es voraussetzt, dass wirklich etwas Illegales passiert ist. Aber wäre man Mueller, versuchte man dann nicht unbedingt, mit Bannon ein langes Gespräch zu führen?
Oder besser gleich mit Trump selbst. Denn davor, heißt es, haben sie im Weißen Haus derzeit die größte Angst: Mueller will den Präsidenten persönlich interviewen, und er wird viele Fragen haben. Die Anwälte versuchen alles, um die Situation unter Kontrolle zu halten, am liebsten würden sie nur schriftlich antworten. Denn auch sie wissen: Trump kann sich nicht lange konzentrieren, ist sich bei vielem, was er sagt, der Tragweite überhaupt nicht bewusst – wenn er sich reinreitet, dann merkt er es vielleicht nicht einmal. Doch angeblich freut sich der Präsident auf das Gespräch. Von Bannon darf man das auch vermuten, ob er nun selbst mit den Ermittlern kooperiert oder nicht.
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