Vor einem Jahr hatte der amerikanische Präsident angekündigt, aus dem Klimaabkommen auszutreten. Jetzt herrscht in seinem Land eine ökologische Aufbruchstimmung, die den Trump-Wählern wie Staatsversagen vorkommen muss.
Wäre es schon gebraut, das politische Gegengift zu Donald Trump, wir müssten nicht länger in die verzagten Gesichter der europäischen Eliten sehen, die sich eine stählerne Handelspolitik wünschen und wie altes Eisen daherkommen. Helmut Kohl rutschte in dieser Lage, wenn es besonders eng wurde, gerne mal ein Spruch heraus, der irgendwie albern und dann doch entschieden dickhäutig wirkte. So wie dieser: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
Als Kohl damit auf einer Pressekonferenz 1984 – im Jahr drei seiner ersten Kanzlerschaft – auftrumpfte, ließ er nicht nur die Kritik an seinem Regierungsstil schmerzfrei abprallen. Er bewies damit auch ein umweltpolitisches Gespür, das man einem Konservativen gar nicht zugetraut hatte.
„End-of-Pipe“ war damals schwer im Kommen, Abgas- und Abwasserreinigung wurden zusammen mit dem grünen Zeitgeist installiert, und Kohl hatte eine Spielwiese gefunden, die er zollfrei auf den „Erdgipfel“ nach Rio exportierte. Eine Spielwiese, die der amerikanische Präsident heute am liebsten mit Natodraht sperren und als Minenfeld ausweisen würde. Vor einem Jahr hat Trump angekündigt, aus dem historischen, den Multilateralismus quasi krönenden Paris-Abkommen auszusteigen. Für sein Amerika sei der Klimavertrag untragbar, ein eklatantes Minusgeschäft.
Langsam müsste Trump neidisch werden
Der Ausstieg aus dem Abkommen war sein Wahlversprechen. Angela Merkel, um die Kohl-Erbin als erste Trump-Gegengiftlaborantin ins Spiel zu bringen, war mit ihren Wahlversprechen auch nicht unbescheiden: Die Energiewende werde durchgezogen, die Klimaziele bleiben, und von der angepeilten Million Elektroautos im Land wollte sie auch nicht lassen. 150 Städte, Gemeinden und Regionen im Land sind der Kanzlerin inzwischen nicht nur gefolgt, sie haben sie überholt und sich hundert Prozent Energie aus Erneuerbarem verordnet. Entscheidend ist allerdings, was hinten rauskommt: Seit vergangenem Jahr gehen die deutschen Investitionen in Regenerative deutlich zurück. Langsam müsste Trump neidisch werden.
In seinem Land, das er von den umweltpolitischen Fesseln und von Erneuerbaren sowieso befreien möchte, herrscht ein Jahr nach dem angekündigten Paris-Exodus eine ökologische Aufbruchstimmung, die den Trump-Wählern wie Staatsversagen vorkommen muss. Apple, Google, Wells Fargo sind bei hundert Prozent Ökostrom angekommen. 65 amerikanische Großstädte, Bundesstaaten und ein gutes Dutzend Giganten aus der Industrie- und Investorenszene, darunter Kellogg’s, Visa, Morgan Stanley, TMobile, JPMorgan, haben ehrgeizige Klimaschutzziele und 100-Prozent-Erneuerbare durch den Beitritt in einige der diversen grünen Clubs besiegelt.
Nicht nur Trumps Paris-Kündigung, auch diese Initiativen sind heute ein Jahr alt: „Climate Mayors“, „We are still in“, „US Climate Alliance, „America’s Pledge“. Mehr als 2700 institutionelle Akteure widersetzen sich, so hat das World Resources Institute nachgezählt, der Kahlschlagpolitik Trumps. Ob sich der umweltpolitische Ungehorsam am Ende wenigstens fürs Weltklima auszahlt, ist allerdings noch völlig offen. Am Ende gilt für alle gleich: Entscheidend ist, was hinten rauskommt.
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