Infant Formula Is Becoming Scarce in the United States

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Seit Monaten fehlt Säuglingsnahrung, nun wächst sich der Engpass zu einer nationalen Krise aus. Kritikerinnen empfinden das als bittere Ironie.

Rezepte, Bastelanleitungen und Ernährungstipps sind bei Eltern kleiner Kinder sehr beliebt, auch auf Instagram oder Tiktok. Seit einigen Tagen aber reichen amerikanische Nutzerinnen ein Rezept aus den Sechzigerjahren herum, das Kinderärzte in Sorge versetzt: 278 ml Kondensmilch, 566 ml abgekochtes Wasser und zwei gestrichene Esslöffel Maissirup. Ergibt täglich sechs Flaschen hausgemachter “Babymilch”. Der Grund dafür ist allerdings nicht ein obskurer Retro-Trend unter Social Moms. Es ist die nackte Verzweiflung.

Seit Monaten fehlt Säuglingsnahrung in den USA, doch nun wächst sich der Engpass zu einer nationalen Krise aus. Zwischenzeitlich sanken die Bestände im Lebensmittelhandel um 40 Prozent, Bilder von leer gefegten Supermarktregalen gehen durch die Medien, Lebensmittelketten begrenzen die Stückzahl beim Kauf von Säuglingsnahrung.

In einem Land, in dem eins von fünf Babys bereits zwei Tage nach der Geburt Pulvermilch erhält und nur ein Drittel aller Säuglinge über drei Monate voll gestillt wird, erzeugt das Panik. Eltern berichten von Einkaufsfahrten in benachbarte Bundesstaaten, vom Versuch, Pulver durch Verdünnen zu sparen oder eben mit Ersatz zu arbeiten. Inzwischen hat sich sogar das Weiße Haus eingeschaltet: Präsident Joe Biden kündigte Schritte an, um die Versorgung sicherzustellen.

Dem stehen jedoch allerhand politische und wirtschaftliche Hindernisse im Weg. Die Krise bei der Säuglingsnahrung ist ein Paradebeispiel für die Probleme, die aus zwei sehr amerikanischen Spezialitäten erwachsen: dem ausgeprägten Lebensmittel-Protektionismus des Landes und der arbeitsrechtlichen Schutzlosigkeit vieler Mütter.

Der Mangel an Säuglingsnahrung gehörte in den USA zu den ersten Kollateralschäden im pandemiebedingten Lieferkettendrama. Im Frühjahr 2020 stand sie auf fast so vielen Hamster-Einkaufszetteln wie Klopapier, was massive Preisschwankungen und Probleme bei den Produktionsplänen nach sich zog. Auf dem amerikanischen Markt sind ausschließlich Produkte von US-Erzeugern zugelassen; anders als in Europa muss das Pulver etwa mit Eisen versetzt sein.

Der wichtigste Produzent, Abbott, bietet auch Spezialpulver für Babys mit Gesundheitsproblemen an. Doch nach einem Bakterienbefall in einem Werk musste Abbott seine Produkte im Februar zurückrufen und das Werk schließen. Der Mangel lässt sich nicht ausgleichen, auch wenn manche US-Eltern unter der Hand Marken wie Holle oder Hipp aus Europa importieren – was nicht erlaubt ist und sehr viel kostet.

Besonders hart trifft die Babynahrungskrise gering verdienende Amerikanerinnen. Gerade sie sind oft auf günstige Pulvermilch für ihre Kinder angewiesen, weil sie ohne Mutterschutz und postnatale Versorgung keine Möglichkeit haben zu stillen. Kritikerinnen empfinden es als bittere Ironie, dass zu den von Republikanern betriebenen Abtreibungsverboten nun in einem der reichsten Länder der Welt eine Baby-Hungerkrise zu befürchten ist. Umso mehr, weil auch ausgewiesene republikanische oder christlich-fundamentalistische Social-Nutzer sich in die Debatte einschalten. Deren Tipps klingen dann so: “Probiert es doch einfach mit STILLEN!”

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