Joe Biden Must Defend Democracy. This Is Not without Risk

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Dass der US-Präsident nicht mehr auf nette Worte setzt, sondern Dinge beim Namen nennt, ist gut. Sein Dilemma, den Frieden wahren und den Trumpismus besiegen zu müssen, bleibt aber bestehen.

Nun hat Joe Biden also die Dinge beim Namen genannt. Nicht zum ersten Mal, muss man sagen. Aber einmal mehr – und diesmal doch ziemlich explizit und sicher umfassender als bisher. Seine Einschätzung von voriger Woche, dass der Trumpismus eine Art “halber Faschismus” sei, hat er zwar bei seiner Rede Donnerstagabend in Philadelphia nicht wiederholt. Sie ist richtig, dient den Republikanern aber auch als Punkt zum Gegenangriff. Dafür warnte er diesmal vor Spaltung, Einschüchterung, politischer Gewalt und dem Ende der Demokratie in den USA. Der Schuldige: Donald Trump und die Seinen. Diesen vornehm als “the former guy” zu bezeichnen, “den Typen von vorher” – so als spiele er keine Rolle mehr –, das hat Biden mittlerweile aufgegeben.

Das alles ist richtig; und dass der US-Präsident das offen ausspricht, statt sich hinter der fehlgeleiteten Hoffnung zu verstecken, das Land durch Verzicht auf Gegenangriffe einen zu können, ist gut.

Ganz aufgegeben hat er zumindest den Wunsch aber nicht. Doch seine Einschätzung, dass “nicht einmal eine Mehrheit” der Republikaner Trumps MAGA-Ideologie anhänge, ist vermutlich falsch. “This is not who we are” – “So sind wir nicht” –, fügte Biden dann noch an. Ein Spruch, der auch aus Österreich bekannt ist. Aber so wie damals hierzulande gilt auch in den USA: Die Sorge, dass “wir” in Wirklichkeit durchaus “so” sind – oder jedenfalls eine ziemlich große Gruppe –, ist wohl nicht unberechtigt.

Und genau da liegt die Gefahr: Aus dem Zwiespalt, zugleich das Land einen und den Frieden wahren und andererseits doch gegen die immer gefährlicheren Auswüchse des Trumpismus mit der nötigen Härte vorgehen zu müssen, kann sich Biden nicht befreien. Es ist leider tatsächlich ein Dilemma, aus dem es keinen guten Ausweg gibt.

Schützer der Demokratie

Es bleibt also, einmal mehr, nur die am wenigsten schlechte Abhilfe: den Trumpismus an den Wahlurnen zu besiegen und gegen Illegales mit dem Rechtsstaat vorzugehen. Letzteres ist im Gange, birgt aber die Gefahr einer gewalttätigen Reaktion. Die Verantwortlichen für den Sturm auf das Kapitol kann man strafrechtlich verfolgen – aber sie bilden leider nur eine Minderheit jener, die bereit sind, Gewalt anzuwenden. Wenn Republikaner nun die Befürchtung äußern, die FBI-Ermittlungen gegen Trump könnten Unruhen auslösen, dann ist das auch eine versteckte Drohung. Man darf ihr nicht nachgeben.

Bleibt Punkt eins. Die Lage in den Umfragen hat sich für die Demokraten zuletzt verbessert. Die Entscheidung des Supreme Court, das Recht auf Abtreibung zu streichen, haben viele aus der politischen Mitte – aber durchaus auch manche Republikaner – zu Recht als überschießend und extrem empfunden. Das dämpft zumindest einseitig die Wahlbeteiligung. Zugleich ist den Demokraten in Repräsentantenhaus und Senat doch noch ein wenig von dem gelungen, wofür sie gewählt wurden: Die Infrastruktur- und Klimapakete, die Biden im Wahlkampf versprochen hatte, sind unter Dach und Fach – zusammengestutzt zwar, aber doch. Bisher hatte die Partei den Eindruck erweckt, nur zu streiten; dass sie nun beweist, Probleme lösen zu können, ist bedeutsam.

Denn auch wenn Biden sich und seine Partei nun im Wahlkampf als Schützer der Demokratie positioniert – das allein reicht nicht zum Wahlsieg, leider. Die Demokraten müssen auch Greifbares liefern – es geht dabei um viel.

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