As was the case with Clinton, President Obama is also not finding majority support for universal healthcare. Freedom is more important in the United States.
The United States is gradually making even Barack Obama, this exceptional politician, into a real American. He, too, will not get the necessary support for the introduction of universal healthcare, although he is attempting to do it more shrewdly than Clinton did 15 years ago.
As for the fundamental ideological differences between Europe and America, the question goes to which freedoms and risks a society cedes to the individual person and when those persons supporting that society should become engaged. Furthermore, Americans and Europeans have almost opposite views on the role of government. Americans tend to consider it to be a curse. It is an unfortunate necessity for defending their way of life from enemies, as well as for a few organizational roles, but otherwise it should keep its nose out of their lives. Europeans concede parental roles to the government, from social security to environmental and climate protection. This kind of view arouses anger in most Americans.
Arguments and empirical examples count for little in this debate. Americans’ mistrust of government is refreshing on many fronts, not only in healthcare policy. The insurance coverage of the average American citizen against illness and its consequences is inferior to that in Germany, and yet the American definitely has to pay more for it. But many Americans see this debate on healthcare reform as a question of freedom. The government does not have to dictate to them whether they should or should not be insured. This is incomprehensible for most Europeans.
Obama is backing down now. He is giving up on government paid medical insurance for millions of uninsured people, for whom the premiums are too high or who have been turned down by private insurers because of pre-existing conditions. And before this, Obama tacitly abandoned another campaign promise to have compulsory insurance for everyone.
The opposition is a mixture of citizens who are truly fed up with, as they see it, the nanny state, and business groups who are making a lot of money under the existing system. They abuse America’s founding myth, that it was created as the “land of the free” in contrast to the European monarchies, for their own interests. Opponents of reform go so far as to invoke Thomas Jefferson, who said "the tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants."
Obama understands what he can and cannot ask of his country. There will probably be some sort of healthcare reform. But whatever has support in the end will have little to do with what he promised during the campaign. For a long time, it was a question of the uninsured. They make up only 15 percent of all Americans and only 10 percent of voters. Now, freedom of choice for the insured is taking priority. As to freedom and how Americans understand it, this freedom also applies to paying too much for comparably inferior healthcare.
G E S U N D H E I T S R E F O RM
Rückzieher aus Einsicht: Nach Clinton findet auch Obama keine Mehrheit für eine allgemeine Krankenversicherung. Freiheit ist in den USA wichtiger. Ein Kommentar
Allmählich machen die USA selbst Barack Obama, diesen Ausnahmepolitiker, zu einem echten Amerikaner. Auch er wird keine Mehrheit für die Einführung einer
allgemeinen Krankenversicherung bekommen, obwohl er es klüger anstellt als Clinton vor 15 Jahren.
Zu den fundamentalen ideologischen Unterschieden zwischen der alten und der neuen Welt gehört die Frage, welche Freiheiten und Risiken eine Gesellschaft dem Individuum überlässt und wann die Solidargemeinschaft greifen soll. Zudem haben Amerikaner und Europäer fast gegensätzliche Bilder von der Aufgabe des Staats. Amerikaner halten ihn tendenziell für ein Übel. Er ist leider nötig für die
Verteidigung ihrer Lebensart gegen Feinde sowie für ein paar organisatorische Aufgaben, ansonsten aber soll er sich aus ihrem Leben heraushalten. Europäer gestehen dem Staat erzieherische Aufgaben zu, von den Sozialversicherungen bis zur Rettung von Umwelt und Klima. Da stellen sich bei einer Mehrheit der
Amerikaner die Nackenhaare auf.
Argumente und Erfahrungsbeispiele zählen in der Auseinandersetzung wenig. Auf manchen Feldern ist Amerikas Misstrauen gegen den Staat erfrischend, nicht aber in der Gesundheitspolitik. Die Absicherung des Durchschnittsbürgers in den USA gegen Krankheit und ihre Folgen ist schlechter als in Deutschland, und doch
muss er deutlich mehr dafür bezahlen. Sehr viele Amerikaner sehen in der Debatte um die Gesundheitsreform aber eine Freiheitsfrage: Der Staat habe ihnen nicht vorzuschreiben, ob sie sich versichern sollen und wie. Für die meisten Europäer ist das schwer nachzuvollziehen.
Nun lenkt Obama ein: Er verzichtet auf eine staatlich getragene
Krankenversicherung für die Millionen Unversicherten , denen die Prämien zu hoch sind oder die von privaten Versicherern wegen Gesundheitsproblemen abgelehnt
werden. Zuvor hatte der Präsident bereits ein anderes Wahlversprechen, die Versicherungspflicht für alle, stillschweigend aufgegeben.
Der Widerstand mischt sich aus Bürgern, die ehrlich empört sind über eine – wie sie es sehen – Gängelung durch den Staat, und Wirtschaftsgruppen, die am
bestehenden System gut verdienen. Sie missbrauchen den Gründungsmythos
für ihre Interessen: Die USA wurden als "Land der Freien" gegen die
Monarchendiktatur in Europa geschaffen. Gegner der Reform gehen so weit, sich auf Thomas Jefferson zu berufen: Der Baum der Freiheit müsse von Zeit zu Zeit mit Tyrannenblut gedüngt werden.
Obama erkennt, was er seiner Nation zumuten kann und was nicht. Es wird wohl eine Gesundheitsreform geben. Aber das, was am Ende mehrheitsfähig ist, wird nur noch wenig mit dem zu tun haben, was er im Wahlkampf versprochen hat. Längst geht es nicht mehr um die Unversicherten. Die stellen nur 15 Prozent der Bürger und nur zehn Prozent der Wähler. Vorrang hat jetzt die Wahlfreiheit der
Versicherten. Zur Freiheit, wie sie die Amerikaner verstehen, gehört eben auch die Freiheit, zu viel für eine im Vergleich unterlegene Gesundheitsvorsorge zu zahlen.
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