What would have been hyped up as a manifestation of pure evil and driven European demonstrators into the streets had George W. Bush done it just gets a bored shrug when it's done by Saint Barack Obama. The savior of the United States government has been stumbling from one spying scandal to the next for weeks now. But that doesn't seem to bother his supporters because surely he means well, doesn't he?
The U.S. Department of Justice eavesdropped on over 100 employees of the Associated Press news agency. But never mind that: The U.S. government was only trying to track down an intelligence leak. But Obama's excuses were less convincing as to why the IRS put his tea party opponents through the wringer. So Obama fired the acting IRS director. Agents also secretly spied on TV journalist James Rosen, but so what? The guy worked for right-wing Fox News and besides, they were still going after the source of those Department of State leaks. Clearly, the focus is always on public safety.
That's the reason the National Security Agency has to diligently snoop in other people's emails worldwide. If he had to, Obama could probably convince the sun to set on command — or at least, he thinks he could. That's why the good shepherd — who just a couple of years ago was a staunch defender of government transparency — came up with the killer argument as to why the NSA was monitoring the global Internet and, like a bunch of crazed gigantic squirrels, was hording away 1.7 million email communications every day: It helped in the war on terror. Oh, that's O.K. then!
In order to better shore up the defensive lines, Obama's people fed The New York Times and other outlets success stories from the war on terror: The only thing that prevented attacks on the George Washington Bridge, the Federal Reserve, the Capitol and U.S. troops were the excavations carried out in the informational junk pile. That's an important point, but the question still remains as to how individual security is enhanced by government snooping. The Master had an answer for that one, too: It's impossible to have 100 percent security and 100 percent privacy with zero percent inconvenience. Finding an acceptable balance was necessary. Exactly! The United States has lost its balance under Obama's leadership.
The silver-tongued Obama neglected to mention that all the data collection often fails to help at all in the battle with terrorists. Society must nevertheless pay a high and ever-increasing price for it. One of the West's showcase democracies is engaged in building infrastructure for a highly conspiratorial and opaque surveillance state where the only thing preventing misuse is governmental good will. That's not only insufficient, that's dangerous.
But never mind: When Obama does his feel-good gig at the Brandenburg Gate on June 19, the crowds will cheer him anyway. He makes such pretty speeches.
Der Überwachungsfreak im Weißen Haus
CHRISTIAN ULTSCH (Die Presse)
US-Präsident Obama lässt Journalisten abhören und weltweit den Internetverkehr von ausländischen Bürgern anzapfen. Doch seine Fans stört das nicht weiter. Denn Obama ist eben nicht Bush.
Was bei George W. Bush bebend zur Manifestation des Bösen hochstilisiert worden wäre und Demonstranten auf Europas Straßen getrieben hätte, löst bei Sankt Barack Obama nur müdes Achselzucken aus. Die US-Regierung des Heilbringers stolpert seit Wochen von einem Bespitzelungsskandal in den anderen. Doch die Fangemeinde des US-Präsidenten rührt das nicht. Denn ihr Held meint es doch sicher nur gut.
Mehr als 100 Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) ließ das US-Justizministerium abhören. Aber sooo schlimm ist das nicht: Denn die US-Behörden wollte doch nur einem Leck im Geheimdienst CIA auf die Spur kommen. Weniger gut erklären konnte Obama, warum die Steuerbehörden ausgerechnet seine Gegner von der „Tea Party“ gezielt in die Mangel nahmen. Also feuerte er den Chef der US-Finanz. Heimlich belauscht haben Agenten auch den TV-Journalisten James Rosen. Aber was soll's? Der Mann arbeitete für den rechten Sender „Fox News“, und außerdem ging es darum, eine undichte Stelle im Außenamt zu finden. Ganz klar: Im Vordergrund steht immer die öffentliche Sicherheit.
Ja, und deshalb muss die National Security Agency (NSA) auch so fleißig sein und rund um den Globus in E-Mails herumschnüffeln. Wenn es notwendig wäre, könnte Obama die Sonne vom Himmel reden – zumindest glaubt er das. Und deswegen fand der gute Hirte, der vor ein paar Jahren noch den Verfechter transparenter Rechtsstaatlichkeit gegeben hatte, auch das Killerargument dafür, warum die NSA weltweit das Internet anzapft und wie eine Horde verrückt gewordener Riesendateneichhörnchen jeden Tag 1,7 Milliarden Kommunikationsschnipsel anhäuft: Es helfe im Kampf gegen den Terror. Na dann ist natürlich alles erlaubt.
Um die Verteidigungslinie zu stärken, fütterten Obamas Dienste „New York Times“ etc. mit Anti-Terror-Erfolgsstorys: Nur durchs Wühlen im digitalen Informationswust seien Anschläge auf die George-Washington-Bridge und die Notenbank in New York, aufs Kapitol und US-Soldaten verhindert worden. Das ist ein gewichtiger Punkt. Dennoch bleibt die Frage, wo der Schutz der Bürger in den Spitzelstaat übergeht. Der Meister selbst sprach das Dilemma an: Man könne nicht 100 Prozent Sicherheit und gleichzeitig 100 Prozent Privatsphäre und null Unannehmlichkeiten haben, merkte Obama an. Auf die richtige Balance komme es an. Ja, genau. Und die USA haben unter Obama das Gleichgewicht verloren.
Der Präsident mit der Silberzunge ließ unerwähnt, dass gegen Terroristen oft auch die ganze Datensammlerei nicht hilft. Die Gesellschaft muss aber trotzdem einen Preis dafür zahlen, der sich noch in höchst unangenehme Höhen schrauben könnte. Eine der westlichen Vorzeigedemokratien schafft derzeit in äußerst konspirativen und undurchsichtigen Verfahren die Infrastruktur für den ultimativen Überwachungsstaat. Vor Missbrauch schützt lediglich der gute Wille der Macht. Das ist zu wenig, das ist gefährlich.
Aber egal: Wenn Obama am 19.Juni in Berlin vorm Brandenburger Tor seinen Feelgood-Gig gibt, werden ihm trotzdem die Massen zujubeln. Er spricht ja so schön.