Nach der Wiederwahl scheint im Weißen Haus alles schief zu laufen. US-Präsident Barack Obama schlägt sich mit Skandalen herum. Blüht ihm das Schicksal von George W. Bush?
Barack Obama ist möglicherweise politisch schwer angeschlagen, wenn er am 18. Juni in Berlin eintrifft. Seine Regierung hat mit politischen Skandalen zu kämpfen, die je für sich bereits ein Problem für ihn wären. In der Zusammenballung aber werden sie zu einer bedrohlichen Hypothek.
Es geht um gleich sechs Themen. Zum ersten: Die US-Finanzverwaltung hat Anträge konservativer Wahlkampfgruppierungen auf Gemeinnützigkeit hintertrieben und die Anträge auch noch als Anlass benutzt, um solche Gruppen auszuforschen. Zweitens hat das Justizministerium Redaktionstelefone der Nachrichtenagentur AP überwachen lassen. Drittens wächst der Verdacht, das Weiße Haus und das Außenministerium versuchten, unzureichende Schutzmaßnahmen für das von al-Qaida überfallene US-Konsulat in Bengasi zu vertuschen.
Das sind die aktuellen Fälle. Hinzu kommen eine fehlgeschlagene Operation gegen mexikanische Drogenkartelle, Mutmaßungen über versagende Sicherheitsbehörden im Vorfeld des Anschlags von Boston, sowie eine wachsende Erregung in linksliberalen und rechtskonservativen Kreisen über die Ankündigung der Regierung, den Einsatz von Drohnen auch in den USA im Notfall rechtlich möglich zu machen.
Der Fluch der zweiten Amtszeit scheint Obama zu treffen – die inzwischen zur Regel gewordene Erfahrung, dass nach einer Wiederwahl im Weißen Haus alles schief läuft, was schiefgehen kann.
Explosive Enthüllungen
Am gefährlichsten für den Präsidenten sind derzeit die Skandale um die konservativen Wahlkampfgruppen und um AP. Finanzämter, die im Wahljahr Antragsteller aus Oppositionskreisen nach allen Regeln der Kunst ausforschen, Einsicht in interne Sitzungsprotokolle verlangen oder wissen wollen, wer die politischen und persönlichen Freunde der Antragsteller sind – das wäre auch in Deutschland ein Politikum ersten Ranges.
Diese Daten fanden dann aber auch noch den Weg zu Barack Obamas Wahlkampfzentrale und in Obama-freundliche Medien. In einem Land, dessen Aversion gegen mächtige Bundesinstitutionen im allgemeinen und gegen Bundessteuern im speziellen legendär ist, sind derartige Enthüllungen Sprengstoff.
Das gilt nicht minder für die Überwachung der Nachrichtenagentur AP. Medienskandale um militärischen Geheimnisverrat hatten die Demokraten genutzt, um die Regierung George W. Bush s schwer in Bedrängnis zu bringen. Jetzt scheint der eigene Justizminister aus solchem Anlass selber die Verfassung missachtet zu haben. Namhafte Demokraten haben zusammen mit den Republikanern dagegen aufbegehrt.
Folgt Obama dem Beispiel Bush?
Das ist für Barack Obama riskant. Die Kongresswahlen im November nächsten Jahres entscheiden darüber, ob er noch irgendeines seiner ambitionierten Vorhaben bis zum Ende seiner Amtszeit verwirklichen kann. Derzeit sieht es so aus, als könne diese Wahl für den Präsidenten so verheerend ausgehen wie 2007 die Kongresswahl für Bush.
Dessen zweite Amtszeit wurde ein Desaster, weil die Republikanerfraktion unter dem Eindruck des Stimmungswandels auf Abstand zu ihrem Präsidenten gegangen war. Obama könnte auf dem Weg sein, ein ähnliches Schicksal zu treffen.
Das darf Deutschland nicht kalt lassen. Die Lage um Syrien und Israel eskaliert immer weiter, und es gibt Indizien, dass die innenpolitische Schwächung Obamas dort Auswirkungen auf die Möglichkeit des Westens zur Einflussnahme hat. Ähnliches gilt für die Verhandlungen über den freien Welthandel.
In einer Zeit, in der alle Innenpolitik immer auch Weltpolitik ist, sind solche Skandale ein tragisches Ereignis. Und was auch immer bei den Untersuchungen herauskommt, eines steht fest: Barack Obamas innenpolitische Skandale sind alle überflüssig. Keiner von ihnen ist das Ergebnis unausweichlicher politischer Entwicklungen; sie sind allein die Frucht menschlichen Versagens und politischer Inkompetenz.
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