Gottes Kandidat muss sachlich werden
Von Daniel-C. Schmidt
5. Februar 2016
Nach seinem Sieg in Iowa dürfte sich Ted Cruz weiter auf die religiösen Wähler konzentrieren. Doch was macht er mit den säkularen Wählern und seiner eigenen Partei?
Bis zu diesem Dienstag konzentrierte sich der republikanische Vorwahlkampf vor allem auf die Frage, wie Donald Trump zu schlagen sei. Hätte der selbst ernannte Gewinnertyp, der kaum drei Sätze von sich geben kann, ohne seine “hervorragenden Umfragewerte” zu erwähnen, in Iowa taktisch klüger agiert – vielleicht wäre er an allen seinen Rivalen vorbeigezogen.
So ist nun Ted Cruz der Gejagte. Dass der Senator von Texas, Sohn einer Amerikanerin und eines Kubaners, als gebürtiger Kanadier überhaupt für das Amt des US-Präsidenten infrage käme, sah sich sein Konkurrent Trump außerstande zu glauben.
Persönliche Schmähungen des Gegners sind im amerikanischen Wahlkampf unumgänglich, und Trump hat diesen Zirkus bloß auf ein ganz neues Level runtergezogen. Das hat er drauf wie kaum jemand. Amateurhaft wirkte dagegen seine Erzählung von den “zwei Korinthern”, wenn in dem religiös geprägten Bundesstaat wie Iowa in jeder Bibel der “zweite Brief an die Korinther” zu finden ist. Da ist Cruz doch deutlich bibelfester.
Seinen überzeugenden Sieg verdankte der aber keineswegs allein Trumps Unfähigkeit (oder Unwillen), in Iowa eine vernünftige Wahlkampfstruktur aus Tausenden von Freiwilligen zu installieren, die die Wählermobilisierung für den Milliardär hätte professionell anschieben müssen. Cruz’ Weg an die Spitze geht viel weiter zurück.
Dem studierten Juristen (Abschluss in Harvard und Princeton) wird ein großes strategisches Kalkül nachgesagt. Schon vor mehr als zwei Jahren soll der Senator von Texas sich mit einer Reihe von Konservativen in Iowa getroffen haben, um sein Konzept für die Nominierung um das Präsidentschaftsamt vorzustellen und gleichzeitig seine Chancen in verschiedenen Wählerschichten auszuloten, schrieb die Webseite Politico kürzlich. Bis dahin hatte er sich bereits einen Namen als neuer Wachhund der Tea Party gemacht.
Aktivisten aus dieser Bewegung und Evangelikale sollen die konservative Basis hinter seiner Kandidatur bilden. Ein guter Grund, warum seine ersten Worte nach dem Wahlsieg in Iowa “To God be the glory” lauteten. Im Internet kursiert bereits der Witz, dass dieser gottesfürchtiges Satz Republikanisch für “Allahu Akbar” sei. Für solche Scherze hat die religiöse Rechte hinter Cruz natürlich nichts übrig, Dschihadisten verachtet sie, Cruz selbst verspricht, den “Islamischen Staat” innerhalb von 30 Tagen “auszuräuchern, bis der Wüstensand glüht”.
Der Pragmatismus könnte gewinnen
Wie klug es ist, die sehr religiösen Wähler zu hofieren, zeigen ein paar Zahlen aus Iowa: Fast zwei Drittel der abgegebenen Stimmen kamen von Evangelikalen, Cruz sicherte sich davon ein Drittel.
Doch auf lange Sicht kann das nicht die einzige Strategie sein, auch weil Cruz nun unter besonderer Beobachtung der Republikaner steht: Vor Iowa galt es, Trump und seine unzufriedenen Wutbürger einzufangen. Nun sind Cruz und sein konservativ-christliches Wertesystem zur Zielscheibe des innerparteilichen Konkurrenzkampfes geworden. Marco Rubio, Drittplatzierter in Iowa, könnte mit seinem Pragmatismus am Ende die Vorwahlen gewinnen.
In der Frage um die mögliche Nominierung wird es in den kommenden Wochen nämlich darauf hinauslaufen, ob es einem der drei gelingt, die Fragmentierung innerhalb der republikanischen Partei aufzuheben und sich als einender Kandidat hervorzutun.
Ted Cruz muss sich nun überlegen, wie viel Zeit und Aufwand er in die nächste Vorwahl am 9. Februar in New Hampshire investiert. In den Umfragen liegt er deutlich hinter Donald Trump. Falls ihm unter den mehrheitlich säkularen Wählern in diesem Bundesstaat dennoch ein Achtungserfolg gelingen sollte, wäre das ein klares Signal, dass er die Chance hat, im Laufe der Vorwahlen nach und nach eine größere Wählerschicht anzusprechen.
Wie es aussieht, denkt der Stratege Cruz längst einen Schritt weiter: Statt sich allein auf die schwere Schlacht in New Hampshire zu versteifen, liegt das Hauptaugenmerk seiner Kampagne bereits auf South Carolina.
In dem religiös geprägten Bundesstaat hofft Cruz seinen Erfolg aus Iowa zu wiederholen. Ein Sieg dort am 20. Februar durch die Unterstützung der evangelikalen Wählerschaft wäre der Türöffner zu einer Reihe von anderen Südstaaten, die bis zur Vorwahl in Florida (15. März) abstimmen und Cruz den Weg ins Weiße Haus ebnen könnten.
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