Time for Solidarity

Published in Süddeutsche Zeitung
(Germany) on 12 September 2020
by Joachim Käppner (link to originallink to original)
Translated from by Sandra Alexander. Edited by Margaret McIntyre.
Governments all over the world face the question of how they can motivate their countries to unite against the pandemic. It turns out that appealing to solidarity is more successful than fanning the flames of fear, as the U.S. president is doing.

When Franklin D. Roosevelt delivered his inauguration speech in 1933, the U.S. was crippled. The global economic crisis had plunged millions of Americans into bitter hardship and, as in Europe, enemies of democracy attempted to use this to their advantage.

While Adolf Hitler seized power in Germany with a message of hate and violence, the new U.S. president, who went on to become Hitler’s nemesis, proclaimed, “The only thing we have to fear is fear itself.” It was the counter reaction to the totalitarian temptations of his time, an appeal to solidarity, a shining hour for the greatest and first democracy and its power of self-purification.

In comparison, the incompetent and self-absorbed conduct of Donald Trump and his administration during the coronavirus pandemic, having now caused more than 190,000 deaths in the U.S, seems dwarfed by comparison, as if looking into a fun house mirror.

The president himself does not want to subvert the fear in society – it is the sharpest weapon in his reelection campaign. He fans the fear with the obsession of an arsonist. Paradoxically, it could cost him the election that he once tried to do the opposite: play down a threat to the nation. As the legendary Watergate reporter Bob Woodward reported, Trump apparently confirmed that he downplayed the pandemic in order to cheer on the economy. It didn’t work.

Most importantly, Trump failed to do what Roosevelt succeeded in doing with the job creation programs of the New Deal: confront the nation with the size of the challenge at hand and provide it the courage to nevertheless overcome it.

This failure is all the more pitiable because the United States is a wealthy country which has far better credentials to keep the pandemic in check than do the world's poorer nations. Governments all over the world, however, face the question of how they can motivate their nations to unite against the pandemic and how they can point the way to solidarity.

In Spain, a hot spot in the crisis, political leaders attempted to create unity with a state ceremony that was more an expression of mourning for the many dead and an expression of the will to get the pandemic under control. German President Frank-Walter Steinmeier likewise encouraged that a state ceremony be held for victims of the coronavirus. Indications are that such a gesture on the part of the state could quiet the fears of many people. Even a democracy sometimes requires a symbolic act of solidarity. Such an act would also need to be directed toward the countless helpers, nurses, doctors and many others who keep public life running.

An argument against a state ceremony is that the pandemic is not yet over in Germany; that it would exclude others who have died of otherserious illnesses, that, in the worst case scenario, it could appear to be a self-celebration of Germany’s coronavirus response policies. Democracies do not need the agreement of every individual citizen to make decisions because that is neither possible nor desirable. A vast majority in the country agrees with the strategy for fighting the pandemic, but rejection is also legitimate as long as it remains within the law.

How governments convince majorities in this difficult time is also a question for the current political culture. Perhaps it would be more reasonable in Germany to refrain from a state ceremony and to maintain the somber, unemotional course that is not the worst characteristic of this republic and that has proven to be comparatively efficient. Fortunately, no one here has spoken of a “war” against the virus as in other nations.

It appears certain, in any case, that the pandemic does not validate the assertion by autocrats and populists that they can master a crisis better than recently unstable democracies. The destiny of Brazil, whose president massively hindered the fight against the pandemic until he himself became ill with the virus he once laughingly shrugged off, appears to be the writing on the wall. China, the Orwellian police state that first suppressed news of the pandemic and then used it to sharpen control over its people, stands exposed. Populists in the West – Trump, Boris Johnson, Matteo Salvini – whose promises lost much of their dark magic in the crisis, seem like emperors with no clothes. It looks like Roosevelt proved to be correct when he summoned the value of democratic solidarity.


Regierungen weltweit stehen vor der Frage, wie sie ihre Nationen motivieren können, gegen die Pandemie zusammenzustehen. Dabei erweist es sich als erfolgreicher, an den Gemeinsinn zu appellieren, als Angst zu schüren wie der US-Präsident.

Als Franklin D. Roosevelt 1933 seine Antrittsrede als Präsident hielt, waren die USA gelähmt. Die Weltwirtschaftskrise hatte Millionen Amerikaner in bittere Not gestürzt, wie in Europa versuchten Feinde der Demokratie, dies für ihre Zwecke zu nutzen.

Zur selben Zeit, als Adolf Hitler die Macht in Deutschland ergriff mit einer Botschaft des Hasses und der Gewalt, verkündete der neue US-Präsident, der nur wenige Jahre später zu Hitlers Nemesis wurde: the only thing we have to fear is fear itself - das Einzige, das wir fürchten müssen, ist die Furcht selbst. Es war der Gegenentwurf zu den totalitären Versuchungen seiner Zeit, ein Appell an den Gemeinsinn, eine Sternstunde der größten und ersten Demokratie und ihrer Selbstreinigungskräfte.

Verzwergt wie in einem Zerrspiegel erscheint im Vergleich das inkompetente und selbstsüchtige Handeln von Präsident Donald Trump und seiner Regierung während der Corona-Pandemie, an der in den USA nun bereits mehr als 190 000 Menschen gestorben sind.

Der Präsident selbst will die Furcht in der Gesellschaft gar nicht überwinden, sie ist seine schärfste Waffe im Wahlkampf, er schürt sie mit der Obsession eines Brandstifters. Paradoxerweise könnte es ihn die Wiederwahl kosten, dass er einmal das Gegenteil versuchte: eine Gefahr für die Nation kleinzureden. Offenbar hat, wie der legendäre Watergate-Enthüller Bob Woodward berichtet, Trump bestätigt, dass er die Pandemie herunterspielte, um als "Cheerleader" die Wirtschaft in Schwung zu halten. Das hat nicht funktioniert.

Vor allem aber hat Donald Trump es versäumt, was Roosevelt damals mit dem Arbeitsbeschaffungsprogramm des New Deal gelang: die Nation ehrlich mit der Größe der Herausforderung zu konfrontieren und ihr den Mut zu geben, diese dennoch zu meistern.

Das Versagen ist umso erbärmlicher, weil die reichen USA viel bessere Voraussetzungen hatten, die Pandemie in Schach zu halten, als die ärmeren Staaten der Welt. Alle Regierungen aber stehen vor der Frage, wie sie ihre Nationen motivieren können, gegen die Pandemie zusammenzustehen, wie sie Zeichen des Gemeinsinns setzen können.

In Spanien, einem Hotspot der Krise, hat die politische Führung dies auch durch einen eindrucksvollen Staatsakt versucht, der eher eine Bekundung der Trauer über die vielen Toten war und des Willens, die Seuche in den Griff zu bekommen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat ebenfalls einen Staatsakt für die Corona-Opfer angeregt. Dafür spricht, dass eine solche Geste des Gedenkens seitens des Staates vielen Menschen die Angst nehmen könnte, in der Krise alleingelassen zu werden. Auch eine Demokratie benötigt manchmal symbolische Akte der Gemeinsamkeit. Ein solcher Akt müsste dann aber auch den ungezählten Helfern gelten, den Pflegern, Ärztinnen und den vielen, die das öffentliche Leben am Laufen halten.

Gegen einen Staatsakt lässt sich anführen, dass die Pandemie auch in Deutschland noch nicht vorüber ist. Dass er andere Menschen, die an schweren Krankheiten starben, außen vor lässt. Dass er schlimmstenfalls wie eine Selbstfeier der deutschen Corona-Politik wirken könnte. Kein überzeugendes Gegenargument ist es hingegen, dass ein Staatsakt die Spaltung der Gesellschaft vertiefen könnte. Demokratien bedürfen in ihren Entscheidungen nicht der Zustimmung jedes einzelnen Bürgers, weil das weder möglich ist noch als Ziel wünschenswert. Eine gewaltige Mehrheit im Land stimmt der offiziellen Strategie gegen die Seuche zu, aber auch die Ablehnung ist legitim, solange sie im Rahmen der Gesetze bleibt.

Wie Regierungen in dieser harten Zeit Mehrheiten überzeugen, ist auch eine Frage der jeweiligen politischen Kultur. Vielleicht wäre es in der Bundesrepublik angemessener, vom Staatsakt abzusehen und den nüchternen, unpathetischen Kurs beizubehalten, der ja nicht das schlechteste Wesensmerkmal dieser Republik ist und sich als vergleichsweise effizient erwies. Hier hat glücklicherweise niemand vom "Krieg" gegen das Virus gesprochen wie in anderen Staaten.

Sicher erscheint jedenfalls, dass die weltweite Pandemie die Behauptung der Autokraten und Populisten nicht bestätigt, eine Krise besser zu meistern als die zuletzt so verunsicherten Demokratien. Wie ein Menetekel erscheint das Schicksal Brasiliens, dessen Präsident die Bekämpfung der Pandemie massiv behinderte, bis er selbst am Virus erkrankte, das er als lachhaft abgetan hatte. Wie entblößt steht der orwellsche Überwachungsstaat in China da, der die Nachrichten über die Seuche erst unterdrückte und dann dazu nutzte, die Kontrolle des Volks noch zu verschärfen. Wie der Kaiser ohne Kleider erscheinen die Populisten im Westen, Trump, Johnson, Salvini, deren Verheißungen in der Krise so viel von ihrem finsteren Zauber verloren. Es sieht so aus, als habe Roosevelt recht behalten, als er den Wert des demokratischen Gemeinsinns beschwor.
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