The Limited Influence of the U.S. on Arab Countries

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Posted on May 26, 2011.

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Der Einfluss der USA auf die arabischen Länder ist begrenzt

Obama benennt die Grenzen einer Demokratisierungspolitik in den arabischen Ländern. Damit gibt er sich bescheidener als sein neokonservativer Vorgänger.

Barack Obama hält eine programmatische Rede zu den arabischen Revolutionen – und alle verstehen wieder nur „Nahostkonflikt“. Tatsächlich hatte der Präsident zum Dauerbrenner der internationalen Politik wenig Neues zu sagen. Das war nicht überraschend, weil die Lage festgefahren ist und weil der offene Ausgang der Revolutionen in den arabischen Ländern viele Unsicherheiten für Palästinenser und Israelis mit sich bringt. Erst wenn sich in Nahost wieder ein klares Koordinatensystem herausbildet, wird man an eine Lösung des Konfliktes denken können.

Dramatischer war Obamas Neubestimmung der amerikanischen Politik gegenüber den arabischen Ländern. Der Präsident war ja einmal als pragmatischer Realist gestartet, der wenig Lust darauf verspürte, anderen Ländern und Kulturen zur Demokratie zu verhelfen.

Ihm lag daran, sich mit den Autokraten und Diktatoren dieser Welt irgendwie zu arrangieren, um Probleme zu lösen. Das war ein klarer Gegenentwurf zu seinem Vorgänger George W. Bush und dessen Vorstellung von Amerika als Geburtshelfer von Freiheit und Demokratie in der Welt.

Späte Bestätigung für George W. Bush

Nun erfährt Bush mit den arabischen Revolutionen eine späte Bestätigung. Er und seine Außenministerin Condoleezza Rice hatten früher als andere erkannt, dass die Probleme der arabischen Welt ihre Ursache in der jahrzehntelangen Erstarrung unter sklerotischen Diktaturen hatten.

Und weil diese Entwicklungsblockade nun aufbricht, wird auch Obama ein wenig wie Bush – so wie viele Staatsmänner und -frauen in Europa auch, die nach langem Kungeln mit ebendiesen Autokraten einsehen müssen, dass Diktaturen nur scheinbar Stabilität erzeugen. Und die nun erkennen, dass künstlich in ihrer Entwicklung behinderte Gesellschaften zu Eruptionen neigen.

Getrieben von den arabischen Revolutionären umarmt Obama die Demokratisierungsagenda und macht sie wieder zu einer Priorität der amerikanischen Außenpolitik. Allerdings in weit bescheidenerer Form als es einst die amerikanischen Neokonservativen taten.

Die Kriege im Irak und in Afghanistan haben Amerikas Präsidenten Demut gelehrt und die Einsicht befördert, dass selbst die Möglichkeiten einer Supermacht, Einfluss auf andere Gesellschaften zu nehmen, beschränkt sind.

Obama zeigt auch Grenzen und Gefahren auf

Es gehört zu den Stärken dieses Präsidenten, seine Zuhörer wie erwachsene Menschen zu behandeln. Deshalb zeigte er neben den Chancen einer Demokratisierungspolitik eben auch Gefahren und Grenzen dieses Ansatzes auf. Schließlich hat der Westen, so Obama, eine Reihe von Interessen in der Region: Terroristen zu bekämpfen; die Verbreitung von Nuklearwaffen zu stoppen; den freien Warenfluss sicherzustellen genauso wie die Sicherheit in der Region; für Israel einzustehen und einen Nahostfrieden zu befördern.

Und er machte deutlich, dass es durchaus zu Konflikten mit dem Demokratisierungs-Ideal kommen könne: „Es wird Zeiten geben, in denen unsere kurzfristigen Interessen nicht genau mit unserer langfristigen Vision der Region übereinstimmen“, sagte der Präsident. Besonders deutlich wird das bei den Beispielen Saudi-Arabien und Bahrain. Letzteres kritisierte er schärfer als je zuvor.

Zwischen Demokratisierung und strategischen Interessen

Der Konflikt zwischen Demokratisierung und strategischen Interessen wird oft beschrieben als Gegensatz von Moral- und Realpolitik. Doch das ist die Dichotomie von gestern. Tatsächlich ist eine Politik, die auf Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in der muslimischen Welt setzt, ebenfalls eine Form von Interessenpolitik.

Weil wir erleben mussten, wie die zementierten Gesellschaften dieser Region Monster gebaren, deren Wut sich auch gegen den Westen richtete und die Sicherheit seiner Bürger bedrohte. Deshalb ist es höchste Zeit, dass die Reformpolitik in Nah- und Mittelost einen privilegierten Platz unter den Interessen des Westens erhält.

Die Kunst der Politik besteht darin, diese Interessen in eine Balance zu bringen. Und die große Chance liegt darin, dass Europa und Amerika dieses Mal vom selben Blatt singen. Als George W. Bush im Jahr 2004 seine „Greater Middle East Initiative“ anschob, erntete er bei Arabern und Europäern viel Ablehnung, weil sein Ruf durch den Irakkrieg ruiniert war.

Nun jedoch machen sich die jungen Araber selbst auf den Weg, um sich zu befreien. Und auch Europa will helfen, diesen Impuls in die richtigen Bahnen zu lenken. An gutem Willen mangelt es diesmal also nicht. Allerdings sollte Europa die Reformbewegung in Nahost entschlossener mit konkreten Projekten und Hilfen unterstützen. Damit die Revolutionsländer zu einem Erfolgsmodell werden.

Obama fehlt eine überzeugende Gesamtstrategie

Die USA haben sich als Machtfaktor im arabischen Raum zurückgemeldet. Doch Obama schwankt weiterhin zwischen Zurückhaltung und Intervention.

Dies war der richtige Zeitpunkt für die Grundsatzrede von US-Präsident Barack Obama über die amerikanische Strategie angesichts der Umwälzungen im Nahen Osten. Die Tötung Osama bin Ladens in einer erstaunlich präzise geplanten und durchgeführten Kommandoaktion hat der schwächelnden Supermacht, die viele als maßgeblichen Ordnungsfaktor bei der Neuformierung des arabischen Raums bereits abgeschrieben hatten, zu neuem Respekt in der Region verholfen.

Empörung und Kritik an der Beseitigung des massenmörderischen Terrorfürsten hielten sich in der arabischen Welt in auffällig engen Grenzen. Eher konnte man dort ein kollektives Aufatmen der Erleichterung darüber vernehmen, dass mit der Zerstörung des Mythos von der Unantastbarkeit Bin Ladens und der damit verbundenen ideologischen Enthauptung der al-Qaida nunmehr ein neues Kapitel im Verhältnis zwischen den Gesellschaften des Nahen Ostens und dem Westen beginnen könnte.

Auch dass sich die USA gemeinsam mit europäischen Verbündeten militärisch im Kampf gegen den libyschen Despoten Muammar al-Gaddafi engagieren, setzt ein deutliches Zeichen: Die amerikanische Politik stellt sich grundsätzlich auf die Seite der antidiktatorischen Volksbewegungen Arabiens und will ihren Einfluss in der Region nicht länger vom Wohl und Wehe korrupter Tyrannen abhängig machen.

Wirtschaftshilfen für Ägypten und Tunesien

In seiner Rede am Donnerstag hat Barack Obama diese positiven Ansätze und Signale jedoch noch nicht zu einem überzeugenden Gesamtansatz weiterentwickeln können. Zu halbherzig fällt nicht nur die angekündigte Wirtschaftsförderung für Ägypten und Tunesien aus, die sich aus eigener Kraft von ihren Alleinherrschern befreit haben, sich jetzt aber in einer äußerst kritischen Transformationsphase zwischen Restauration, politisch-religiöser Islamisierung und authentischer Demokratisierung befinden.

Den USA ebenso wie den Europäern fehlt nach wie vor eine konkrete Perspektive, wie demokratisch-säkulare politische Kräfte und zivilgesellschaftliche Selbstorganisation systematisch gestärkt und gefördert werden können, um diese widerstandsfähig genug zu machen, drohenden autoritären Rückfällen zu trotzen. Nicht konsequent sind die USA zudem in der Behandlung der unterschiedlichen verbleibenden arabischen Diktaturen.

Während sie die libysche Bevölkerung mit militärischen Mitteln im Nato-Verbund vor den Schergen des Machthabers Gaddafi zu schützen versuchen und dafür in den UN erfolgreich für ein offizielles Mandat kämpften, haben sie der kaum weniger brutalen Unterdrückung der Demokratiebewegung durch Syriens Diktator Assad bisher keine vergleichbare Entschlossenheit entgegengesetzt. Nach wie vor unerschütterte Bastionen traditioneller arabischer Despotie wie Jordanien, vor allem aber Saudi-Arabien, erhalten aus Washington allenfalls allgemeine Ermahnungen zu Reformen, bekommen jedoch keinen handfesten Druck zu tatsächlicher Veränderung zu spüren.

Entscheidendes Eingreifen der USA ist unerlässlich

Weiterhin schwankt Obama grundsätzlich unentschieden zwischen seinem ursprünglichen Impuls zur Zurückhaltung bei innerstaatlichen Konflikten, den er im Kontrast zum interventionistischen Demokratie-Export der Bush-Ära entwickelt hatte, und der wachsenden Einsicht hin und her, dass den USA ohne eine aktive, richtungsweisende Einflussnahme die Entwicklung im Nahen Osten gänzlich entgleiten könnte.

Obamas Blütenträume von selbsttätigen zivilgesellschaftlichen Bewegungen, die ohne fremde Anleitung neue Freiheitsspielräume durchsetzen, sind in den vergangenen Monaten bis zu einem gewissen Grade aufgegangen. Gerade darum aber wächst nun auf ihn der Druck der Erkenntnis, dass ein entschiedenes Eingreifen der demokratischen Führungsmacht der westlichen Welt auf der Seite dieser Bewegungen unerlässlich ist, sollen sie nicht im undurchsichtigen Machtkampf nationalistischer und religiöser Kräfte untergehen.

Ein folgenschwerer Irrweg in der Nahost-Politik

Einen womöglich folgenschweren Irrweg beschreitet der US-Präsident dagegen im israelisch-palästinensischen Konflikt. Indem er sich als erster US-Präsident zu einem Palästinenserstaat auf Basis der Grenzen von 1967 bekennt, wiederholt er einen schon überwunden geglaubten Fehler des Beginns seiner Amtszeit: Auf der einen Seite Israel in die Enge zu treiben, und auf der anderen den Hang der Palästinenser zu unerfüllbaren Forderungen noch zu beflügeln.

Die Grenzen, wie sie vor dem Ausbruch des Sechstagekrieges 1967 bestanden, wären von Israel nicht zu verteidigen. Will es seine Existenz nicht aufs Spiel setzen, kann es einem Rückzug auf diesen Grenzverlauf niemals zustimmen – abgesehen davon, dass die Perspektive einer Wiederherstellung der Verhältnisse von 1967 absurd ist – denn das würde die Wiederbesetzung des Westjordanlandes durch Jordanien und des Gazastreifens durch Ägypten bedeuten. Nicht weniger irreal ist die vermeintliche Lösung, Jerusalem erneut in zwei Hälften aufzuteilen – das wirkliche Leben mit seinen vielfältigen komplexen Beziehungen ist längst über derartige säuberliche Trennungsfantasien hinweggegangen. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass eine große Mehrheit der arabischen Einwohner Jerusalems es laut jüngsten Umfragen vorziehen würde, im Falle der Ausrufung eines Palästinenserstaates bei Israel zu bleiben.

Propagandistische Mittel für die Palästinenser

Der palästinensischen Seite dienen solche abstrakten Maximalforderungen, in denen sie Obama nun bestärkt, nicht etwa dazu, Israel an den Verhandlungstisch zu zwingen. Im Gegenteil: für sie stellen sie ein propagandistisches Mittel dar, ihre eigene Verweigerung von Gesprächen zu bemänteln. Statt auf Verhandlungen setzt die palästinensische Führung nämlich längst auf die einseitige Ausrufung eines eigenen Staats, den sie von der UN-Vollversammlung im September anerkennen lassen will.

Dass die „gemäßigte“ Fatah sich mit der militant kompromissunwilligen Hamas kürzlich auf eine Übergangsregierung geeinigt hat, unterstreicht diese Abkehr vom Friedensprozess. Eine deutliche Absage an diesen Konfrontationskurs hat man in Obamas Rede vermisst. Indem er – auch als Signal guten Willens an die gesamte arabische Welt – den Palästinensern nach dem Munde redet, fördert er wider Willen nicht die Bereitschaft zum Frieden, sondern eine Logik, die neue kriegerische Konflikte wahrscheinlich macht.

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