Einig nach außen, zerstritten nach innen
Von Daniel Haufler
28.10.2013
In den USA lieben fast alle die Geheimdienste. Über alles andere ist das Land so zerstritten wie seit den Zeiten des Bürgerkrieges nicht mehr.
Nach außen sind sich die USA weitgehend einig: Das Bespitzeln von Feind und Freund ist nötig, um die Sicherheit des Landes zu erhalten. Ja, die Verbündeten sollten dafür dankbar sein. Schließlich habe die Arbeit der Geheimdienste viele Terroranschläge verhindert – nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa. Wer glaubt, dass internationaler Druck an dieser Haltung etwas ändert, der versteht die USA nicht richtig. Als kleine Verständnishilfe kann da sicher die erste Staffel der Serie „Homeland“ helfen, in der jene Paranoia aufs Schillerndste illustriert wird, die seit dem 11. September 2001 die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik bestimmt.
So einig das Land nach außen ist, so zerstritten ist es im Inneren. Im Kongress können sich die beiden Parteien auf so gut wie kein Gesetz mehr einigen. Eine Minderheit bei den Republikanern – die sogenannte Tea Party – hat gar erreicht, dass der Staat fast zahlungsunfähig wurde. Ihr Feind ist die Bundesregierung in Washington. Sie zu schwächen, ist ihr Ziel. Deshalb blockiert sie Bundesgesetze, wo sie nur kann, und demonstriert gegen die Gesundheitsreform vor dem Weißen Haus. Dabei schwenken ihre Protagonisten seit einer Weile gern die Flagge der Konföderierten, also jener Südstaaten, die sich 1860/61 für unabhängig erklärten. Denn auch damals war Washington der Feind. Es ging nicht gut für sie aus.
Die „Neuen Konföderierten“, wie sie der Kolumnist Colbert I. King in der Washington Post nennt, sind nicht minder radikal als ihre Vorgänger, auch wenn sie immerhin keinen Krieg führen wollen. Sie verhalten sich gegenüber Präsident Barack Obama ebenso rüpelhaft wie ihre Vorgänger gegen Präsident Abraham Lincoln. Es mache ihnen nichts aus, meint King, wenn sie das Land ruinierten: „Im Moment bekommen sie, was sie wollen. Eine Bundesregierung am Boden, stark beschränkt in ihren Möglichkeiten, eine menschlichere und gerechtere Gesellschaft zu schaffen.“
In republikanisch regierten Bundesstaaten reicht der Einfluss der Tea Party noch weiter. Etliche übernehmen nicht die neuen Angebote der Gesundheitsreform, obwohl der Bundesstaat zumindest in den ersten drei Jahren die Kosten übernimmt. Und in zahlreichen Süd- wie Mittelweststaaten werden die Wahlrechte von Minderheiten eingeschränkt.
Das bekümmert zu Recht auch den vorzüglichen USA-Kenner Ronald D. Gerste in der Neuen Zürcher Zeitung: „Vehikel dazu ist der Versuch, das Vorlegen einer Identitätskarte mit Foto im Wahllokal zur Voraussetzung für die Wahlteilnahme zu machen. Was aus europäischer Sicht – wo jeder Bürger einen Ausweis hat – harmlos klingt, ist durchdachte Strategie des Machterhalts: Das regierungsamtliche Identitätsdokument ist in den USA der Führerschein. Welche demografische Gruppe am ehesten ohne einen solchen auskommen muss, ist nicht schwer zu erraten: arme und vor allem ältere Afroamerikaner.“
Gerste und King wollen all das nicht als rassistisch begreifen, obwohl die scharfe politische Kontroverse in den USA erst begann, als der erste Schwarze ins Weiße Haus einzog. Wenn sie sich da mal nicht täuschen.
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