Social and mental change in the USA: More and more people consider themselves to be poor and losing their legendary optimism.
At first glance, the ostentatiously cordial reception for French President François Hollande in Washington seems to have little to do with the infamous “Fuck the EU” quotation by Victoria Nuland, the competent U.S. diplomat responsible for Europe. Incidentally, she is married to the prominent neoconservative hardliner Robert Kagan, who cultivates a downright alarming U.S.-centered worldview.
While Nuland’s attitude reflects Americans' notorious contempt of the European Union’s complicated structure, Hollande’s triumph goes no further than the renowned Roman “divide and conquer.” At least since the NSA scandal, Germany, Europe’s leading power, infuriatingly distanced itself from Washington. What Barack Obama now prompted is support for Europe’s No. 2, the president of France. That has certainly been good for Hollande, who has had little success with domestic politics. However, the EU must pay attention so as not to become further divided. Europe is like Gregor Samsa in Kafka’s oppressive story, “The Metamorphosis,” who one morning wakes up as an enormous insect — in the Nikkei Asian Review, French historian and social philosopher Emmanuel Todd, who is not known for being pro-German, wrote that Europe had fallen asleep as a community of free and equal states and woke up as a hierarchy dominated by Germans. The end of democracy in Europe is coming. The Germans are just too efficient and will destroy industry in other countries. Even though the American imperial system is fading, it will urgently be needed considering the instabilities in Europe and China.
America’s imperial power reached the zenith of its empire after the collapse of the Soviet Union. It is obvious that it has decreased relative to China’s rise and Russia’s re-emergence.
But what is the internal state of America? In an analysis for The New York Times, conservative Canadian author David Brooks recently used a term in the headline that was previously only used in connection with the social problems in Europe and spoke of the “American precarity.” Thus, there is evidence of a troubling decline of the legendary American spirit, which until now has been a synonym for dynamic entrepreneurship and unabated optimism.
In the 50s, wrote Brooks, 20 percent of Americans moved within the country. Today, it is only 12 percent. Earlier, an American lived in his own house for five years at most; today it is already 8.6 years. Nowadays, Americans are not more mobile than the Finns or Danes. In between the 80s and 2000s alone, the mobility of younger Americans fell more than 40 percent. A more essential reason for this remarkable change is the loss of confidence of many Americans, and the confidence in the beneficent action of American capitalism. This primarily concerns poorly educated people.
Only 46 percent of white Americans believed in being able to improve their standard of living — the lowest figure since the collection of such surveys. People in the U.S. move less because they no longer believe they can find a better job elsewhere. Success, many believe, is owed more to a matter of luck than to hard work. And while at least 50 percent of people 65 and older say their country is the best nation in the world, only 27 percent of 18-29-year-olds share this opinion. In the last 30 years, the overwhelming majority of surveyed Americans are middle class; today the number of those who perceive themselves as “have-nots” has grown enormously.
A precariat has emerged with what is historically atypical for the U.S. — fatalism, uncertain living standards and a lack of confidence in America’s possibilities. American exceptionalism, the belief in America’s uniqueness, has fundamentally vanished with one look at the American youth.
Das amerikanische Prekariat
Sozialer und mentaler Umbruch in den USA: Immer mehr Menschen betrachten sich als arm und verlieren den legendären Optimismus
Von Thomas Frankenfeld
Der demonstrativ herzliche Empfang für den französischen Präsidenten François Hollande in Washington scheint auf den ersten Blick wenig zu tun zu haben mit dem berüchtigten "Fuck the EU"-Zitat der ausgerechnet für Europa zuständigen US-Diplomatin Victoria Nuland. Die übrigens verheiratet ist mit dem prominenten neokonservativen Hardliner Robert Kagan, der ein geradezu beängstigend US-zentriertes Weltbild pflegt.
Doch während Nulands Haltung die notorische Geringschätzung der Amerikaner für das komplizierte europäische Unionskonstrukt widerspiegelt, ist Hollandes Triumph nichts weiter als das altbekannte römische "Teile und Herrsche". Deutschland, die Führungsmacht Europas, geht spätestens nach dem NSA-Skandal schwer verärgert auf Distanz zu Washington. Was Barack Obama nun dazu veranlasst, den Präsidenten der europäischen Nummer 2, Frankreich, auf Händen zu tragen. Hollande, dem innenpolitisch kaum etwas gelingen will, tut das natürlich gut. Doch die EU muss aufpassen, nicht noch weiter auseinanderdividiert zu werden. Europa gehe es wie Gregor Samsa in Kafkas beklemmender Erzählung "Die Verwandlung", der eines Morgens als riesiges Insekt erwacht – Europa sei als Gemeinschaft freier und gleicher Staaten eingeschlafen und als von Deutschen beherrschte Hierarchie aufgewacht, schreibt der französische Historiker und Sozialphilosoph Emmanuel Todd, der nicht als übertrieben deutschfreundlich bekannt ist, in der "Nikkei Asian Review". Und sieht gleich das Ende der Demokratie in Europa gekommen. Die Deutschen seien einfach zu effizient und vernichteten die Industrien anderer Länder. Das amerikanische imperiale System verblasse zwar, werde aber angesichts der Labilitäten in Europa und China dringend gebraucht.
Dass Amerikas imperiale Macht, die nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums ihren Zenit erreicht hatte, durch den Aufstieg Chinas und den Wiederaufstieg Russlands zumindest relativ abgenommen hat, ist offensichtlich.
Doch wie ist es um den inneren Zustand Amerikas bestellt? Der konservative kanadische Autor David Brooks verwendete nun in einer Analyse für die "New York Times" sogar in der Überschrift einen Begriff, der bislang nur im Zusammenhang mit sozialen Problemen Europas gefallen war, und sprach vom "Amerikanischen Prekariat". Es gibt demnach Anzeichen für einen beunruhigenden Verfall des legendären "American Spirit", der bislang Synonym für Dynamik, Unternehmergeist und ungebrochenen Optimismus war.
In der 50er-Jahren, so schreibt Brooks, zogen jedes Jahr 20 Prozent der Amerikaner innerhalb des Landes um. Heute sind es noch zwölf Prozent. Lebten Amerikaner früher höchstens fünf Jahre im selben Haus, sind es heute schon 8,6 Jahre. Amerikaner seien inzwischen nicht mehr mobiler als Finnen oder Dänen. Allein zwischen den 80er-Jahren und 2000 sei die Mobilität junger Amerikaner um mehr als 40 Prozent gefallen. Ein wesentlicher Grund für diese bemerkenswerte Veränderung sei der Verlust des Selbstvertrauens vieler Amerikaner und des Vertrauens in das segensreiche Wirken des amerikanischen Kapitalismus. Dies betreffe vor allem schlecht ausgebildete Menschen.
Nur noch 46 Prozent der weißen Amerikaner glaubten daran, ihren Lebensstandard verbessern zu können – der niedrigste Wert seit Erhebung solcher Umfragen. Die Menschen in den USA ziehen weniger um, da sie nicht mehr daran glaubten, woanders einen besseren Job zu finden. Erfolg, so meinen viele, sei eher Glücksache als harter Arbeit zu verdanken. Und während immerhin noch 50 Prozent der über 65-Jährigen meinen, ihr Land sei die größte Nation auf der Erde, teilen diese Auffassung nur noch 27 Prozent der 18- bis 29-Jährigen. Vor 30 Jahren zählte sich die überwältigende Mehrheit der Amerikaner zur Mittelklasse; heute ist die Zahl derjenigen, die sich als "Habenichtse" empfinden, enorm gewachsen.
Es sei ein Prekariat entstanden – mit einem für die USA historisch untypischen Fatalismus, unsicherem Lebensstandard und ohne Vertrauen in die Möglichkeiten Amerikas. Der amerikanische "Exzeptionalismus", der Glaube an die Einzigartigkeit Amerikas, sei mit Blick auf die jungen Amerikaner grundlegend verschwunden.
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Contrary to what the American president never tires of implying, however, it is not Ukraine and its NATO partners but Putin alone who bears responsibility for this horrific war.