Let’s All Finally Save the Climate – You Get Started First

<--

Retten wir endlich alle das Klima – fangt ihr schon einmal an

In der Nacht auf Sonntag wurde das Weltklima gerettet. So ähnlich lasen sich zumindest erste Meldungen sichtlich euphorisierter Politiker, Umweltschützer und Journalisten nach zwei Wochen Klimagipfel in Paris. Erstmals hätten sich reiche und arme Länder verpflichtet, den Klimawandel zu bekämpfen. Das klingt gut, richtig gut sogar. Es ist nur leider nicht ganz wahr. In Paris haben zwar alle Staaten unterschrieben – sonderlich schwer war die Übung aber nicht. Das Pariser Abkommen hat zu wenig Substanz, um sein eigenes Ziel zu erreichen, die Erderwärmung mit weniger als zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist enorm. Von einer Pflicht zum Klimaschutz für alle kann keine Rede sein.

Genau mit dieser Unverbindlichkeit haben sich die Verhandler den diplomatischen Scheinerfolg im Vorfeld erkauft. Seit der Klimakonferenz in Kopenhagen ist klar, dass fortan jedes Land selbst entscheiden darf, ob, wann und wie viel Treibhausgasemissionen es reduziert. Eine Einladung für Trittbrettfahrer, warnten Beobachter. Aber nicht nur das: Der Konstruktionsfehler öffnete auch eine Bühne für eine neue Gattung an Klimaaktivisten: Staaten wie die USA, bisher stets bei den Bremsern, tanzten in Paris plötzlich in der ersten Reihe der guten Klimaretter. Dass im Abkommen ein „Fernziel“ von 1,5 Grad Erwärmung steht, ist auch den Amerikanern zu verdanken. Genauso gut hätten sie freilich eine Abkühlung von zwei Grad versprechen können. Denn einlösen können oder wollen sie ihr Versprechen offenbar nicht. Die USA bieten selbst nicht ansatzweise genug an, um das Ziel zu erreichen, das sie so lautstark eingefordert haben. Peking genügte schon das vage Versprechen, ab 2030 weniger CO2 zu emittieren, um zum Klimaliebling aufzusteigen. Eine Pflicht, diese Versprechen einzuhalten, gibt es nicht. Die Auflage, das Angebot alle fünf Jahre nachzubessern, ist zahnlos und lässt zu viel Zeit verstreichen, um wirklich effektiv zu sein.

Dabei wäre eine Lösung des Klimaproblems – zumindest ökonomisch betrachtet – gar nicht so kompliziert. Problematisch sind bekanntlich in erster Linie nicht nur die Treibhausgase, die heute ausgestoßen werden, sondern vor allem das CO2, das die Menschen seit der industriellen Revolution in der Atmosphäre abgeladen haben. Auf dieser Gratisdeponie ist der Platz inzwischen so eng, dass in wenigen Jahren gar keine Treibhausgase mehr emittiert werden dürften, um die Zwei-Grad-Marke zu schaffen. Schon die bestehende Ansammlung dürfte ausreichen, um die Erde um 1,5 Grad aufzuheizen. Es ist daher aktionistischer Unsinn, ein fiktives 1,5-Grad-Ziel abzufeiern und das „Ende des fossilen Zeitalters“ zu verkünden, wie es in Paris geschah. In der Erde lagert noch 15-mal mehr billiger Kohlenstoff, als die Menschheit verbrennen dürfte. Staaten wie Indien denken nicht daran, darauf zu verzichten, nur weil sie eben einen Klimavertrag unterschrieben haben.

Ökonomen fordern einen Themenwechsel in der Klimapolitik: Nicht die Temperatur im Jahr 2050 oder die Anzahl der Solaranlagen sollten die Länder verhandeln, sondern einen globalen Preis für jede Tonne CO2, die neu in der Atmosphäre deponiert wird. Ein steigender CO2-Preis gilt als sicherster Weg, die Staaten zu Taten zu bewegen. Selbst wenn nur die „ehrgeizigeren“ Industrienationen eine Kohlenstoff-Steuer auf alle Produkte einheben würden, wäre für das Klima mehr getan als mit zehn weiteren Klimakonferenzen.

Zudem wäre es eine gute Gelegenheit, die absurd hohe Steuerbelastung der Arbeitseinkommen zu beenden und stattdessen(!) „grüne“ Verbrauchssteuern einzuführen. Theoretisch sind viele Politiker dafür, praktisch fehlt ihnen – zumindest in Österreich – der Mut, ihren Wählern ehrlich zu sagen: „Ja, effektiver Klimaschutz ist wichtig, aber er wird euch etwas kosten.“ Wer es mit dem Kampf gegen den Klimawandel ernst meint, sollte jede Rede mit diesem Satz beginnen. Auf gut klingende Scheinverpflichtungen und diplomatischen Aktivismus der Klima-Clowns können wir gern verzichten.

About this publication