The Awfully Nice Romney Family

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Beim Parteitag der Republikaner startet Ann Romney für ihren Mann eine Charmeoffensive. Dahinter verbirgt sich die bange Frage: Müssen die Amerikaner Mitt Romney lieben – oder reicht Respekt, um die Wahl zu gewinnen?

Das Thema ist weder die Politik noch die Partei. “Ich will mit Ihnen über die Liebe reden”, sagt Ann Romney. Die Frau des republikanischen Präsidentschaftskandidaten hat am ersten Abend des Parteitags in Tampa eine wichtige Aufgabe: Sie soll den Amerikanern den Mann vorstellen, den sie vor 43 Jahren geheiratet hat. Ann Romney soll über den Menschen sprechen, nicht über den kühl agierenden Politiker und Finanzinvestor und tiefgläubigen Mormonen, mit dem die Wähler in Umfragen immer noch fremdeln. Seine Frau versichert ihnen: “Sie können Mitt vertrauen!”

Zum Auftakt seines Nominierungsparteitags ist der Republikaner Romney in einer guten Startposition, um es mit dem demokratischen Amtsinhaber Barack Obama aufzunehmen. In vielen Umfragen liegt er statistisch mit dem Präsidenten gleichauf. Die Lage der Wirtschaft, die die Wähler als wichtigstes Thema nennen, begünstigt Romney: Obama wäre der erste Präsident, dem die Wiederwahl gelänge, obwohl die Arbeitslosenquote bei über acht Prozent liegt.

Aber auch Romney hat ein großes Problem: Er wäre der erste Kandidat seit langer Zeit, der eine Präsidentenwahl gewinnt, obwohl er persönlich unbeliebter ist als sein Gegner. Auf dieser Skala hat Romney viel aufzuholen. Nach einer Umfrage der “Washington Post” und des Senders ABC ist er nur 40 Prozent der Befragten sympathisch – im Vergleich zu 50 Prozent, die Obama nett finden. Vor allem bei Frauen schneidet Romney deutlich schlechter ab als der Demokrat. Eine Flut negativer Anzeigen aus dem Obama-Lager hat Romneys Image als elitärer Multimillionär und eiskalter Kapitalist noch verstärkt.

In seiner eigenen Rede, mit der er am heutigen Donnerstag die Nominierung annimmt, muss Romney sich Millionen von Fernsehzuschauern von seiner menschlichen Seite zeigen. Seine Frau bereitet dafür den Boden. Sie bürgt dafür, dass der “Blechmann”, als der er in US-Medien oft bezeichnet wird, ein Herz hat – wie die Figur in dem Roman “Der Zauberer von Oz”. Zugleich präsentiert sie sich als Verbündete der Frauen. Sie spricht von den wirtschaftlichen Sorgen, die viele Amerikaner vor dem Einschlafen plagen. “Wer genau hinhört, wird hören, dass die Frauen ein bisschen mehr seufzen als die Männer.”

Die Stimme bebt, die Lacher wirken verkrampft

Dem Applaus nach zu urteilen gelingt die Charmeoffensive zumindest in Tampa. “We love Ann!”, steht auf Schildern, die eine Gruppe von Delegierten hochhält. Ann Romney galt in diesem Saal schon vorher als Königin der Herzen. Im Kontakt mit Wählern und in Interviews ist sie charmant und wirkt natürlicher als ihr Mann.

Ihre Fans scheint es nicht zu stören, dass ein großer Teil dieser Spontaneität bei ihrem Einzelauftritt zur Hauptsendezeit verloren geht. Ihre Stimme bebt, die Lobeshymnen auf ihren Mann sowie die gelegentlichen schrillen Lacher klingen verkrampft. Die nostalgische Beschwörung des einfachen Studentenlebens, das das junge Paar aus privilegiertem Elternhaus zu Collegezeiten angeblich führte, klingt wenig überzeugend. “Wir aßen viel Nudeln und Thunfisch”, erzählt Ann Romney. “Unser Esstisch war ein Bügelbrett in der Küche.” Ann Romney erzählt, dass der Mann, den sie als 16-jähriges Mädchen bei einem Tanzabend kennenlernte, sie heute immer noch zum Lachen bringe. Wie er das tut, verrät sie nicht. Mitt Romney selbst hat über seinen Sinn für Humor geschrieben: “Ich liebe es, zu lachen, und ich liebe Witze.”

Lob für Romney: Er ist altmodisch und ein anständiger Mann

Dem Publikum auf dem Parteitag ist es wichtiger, dass er ein liebe- und verantwortungsvoller Familienvater ist. Davon zeugen nicht nur Ann Romney, sondern auch die fünf erwachsenen Söhne, die bei Frühstückstreffen der Delegierten die Runde machen. Die Romneys seien eine “gute, gesunde amerikanische Familie”, sagt die Parteitagsbesucherin Grace Rentiers, die aus South Carolina kommt und Romney seit 2008 unterstützt.

Was Familienwerte angeht, haben die Mormonen, die früh heiraten und große Familien haben, Amerikas Konservativen viel zu bieten. Romney sei “altmodisch” und ein anständiger Mann, lobt Kirk Jowers, Delegierter aus Utah, der den Kandidaten durch die mormonische Gemeinde kennt. Er glaubt, dass die Öffentlichkeit dem oft als Kult abgelehnten Mormonentum heute offener gegenüberstehe als 2008.

Aber am Ende kommt Ann Romney doch auf die Qualitäten zurück, die ihren Mann am ehesten wählbar machen: seinen Ehrgeiz und seine Kompetenz. “Niemand wird härter arbeiten (…) als Mitt Romney, um dieses Land zu einem besseren Ort zu machen”, verspricht sie. Der nächste Redner, der Gouverneur von New Jersey Chris Christie, bringt es noch klarer auf den Punkt. Er kritisiert die Politiker, die sich zu sehr anstrengen, geliebt zu werden – ein Seitenhieb auf Obama. Dann sagt er: “Heute Abend wählen wir den Respekt vor der Liebe.”

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