Conflict in Syria: Limits of Intervention

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Selbst wenn der Westen Assad stürzte, wären die Probleme und Konflikte noch immer da. Die Erfahrungen im Irak oder Afghanistan lassen daran zweifeln, dass die syrische Krise durch eine militärische Intervention beendet werden könnte.

In Afghanistan bereiten sich die westlichen Truppen auf ihren Abzug bis zum Ende des Jahres 2014 vor. Es sind Erfahrungen, die Politiker und Militärs am Hindukusch im Verlauf von mehr als zwölf Jahren gemacht haben, die ein Grund dafür sind, dass westliche Regierungen, mit den Amerikanern an der Spitze, bisher keine Neigung zeigen, in den syrischen Bürgerkrieg militärisch einzugreifen. Denn die Ergebnisse der Interventionen seit dem Ende des Ost-West-Konflikts sind ernüchternd.

Der erste Irakkrieg, 1991 unter einem Mandat der Vereinten Nationen geführt, erreichte zwar sein unmittelbares Ziel, die Befreiung Kuweits, das im Jahr zuvor von Saddam Husseins Armee erobert und besetzt worden war. Aber die Hoffnung, den Irakern werde es danach gelingen, das Terrorregime des militärisch geschlagenen und politisch geschwächten Diktators abzuschütteln, ging nicht in Erfüllung – auch deshalb, weil der amerikanische Feldzug vor Bagdad abgebrochen wurde und Saddam regionale Aufstände blutig niederschlagen ließ, ohne dass der Westen eingegriffen hätte.

Im Irak wurde das Ziel verfehlt

Die Krise um den Irak schwelte weiter, bis George W. Bush 2003 die Anschuldigung, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen, deren Produktions- und Lagerstätten er internationalen Kontrolleuren verheimliche, zum Anlass nahm, mit einer Koalition der Willigen unter amerikanischer Führung im Irak einzumarschieren, dieses Mal ohne UN-Mandat. Saddams Regime wurde in einem Blitz-Feldzug gestürzt, doch das politische Ziel, nach einer Übergangszeit unter fremder Besatzung ein befriedetes Land und einen demokratischen Staat zu hinterlassen, der ein Vorbild für die arabische Welt werden könnte, wurde verfehlt.

Was Afghanistan angeht, schwankt die – noch vorläufige – Bilanz zwischen vorsichtigem Optimismus und pessimistischen Ausblicken. Die Taliban und Al Qaida wurden zwar schnell geschlagen; doch in einem langjährigen Guerrilla-Krieg haben sich islamische Fundamentalisten wieder als Machtfaktor am Hindukusch etabliert.

Ob die Regierung in Kabul sich nach dem Abzug der westlichen Truppen halten und ob die afghanische Nationalarmee für (relative) Sicherheit im Land sorgen kann oder wieder in Milizen unter dem Kommando regionaler Warlords zerfällt – das sind offene Fragen. Genauso ungewiss ist, ob der Wiederaufbau des Landes – dazu gehören auch die Förderung von Strukturen einer Zivilgesellschaft im westlichen Sinn und Fortschritte bei der Einhaltung der Menschenrechte – nachhaltig ist.

Ruf nach militärischer Einmischung

All diese Erfahrungen mit Interventionspolitik werden verdrängt angesichts der Bilder aus Syrien, die zum Himmel schreien: zerbombte Städte, massakrierte Soldaten, Zehntausende toter oder schwerverletzter Zivilisten, Millionen Flüchtlinge, die durch das Land irren oder jenseits der Grenzen in Lagern zusammengepfercht (über-)leben. Der Ruf nach militärischer Einmischung kommt manchmal paradoxerweise von denselben Leuten, die zuvor die Misserfolge der Interventionen im Irak oder in Afghanistan besonders laut angeprangert haben. Sie glauben, alles werde besser, wenn man frühere Fehler der westlichen „Besatzer“, insbesondere der Amerikaner, vermeide.

Doch das Argument ist fadenscheinig. Zum einen gibt es unter schwierigen Umständen keine fehlerlosen militärischen Aktionen oder politischen Entscheidungen. Außerdem ist jede Intervention ein einzigartiger Fall. Gerade deshalb ist es schwierig, allgemeine Lehren zu ziehen und daraus Handlungsanweisungen zu gewinnen.

Eine der Lehren aus den Interventionen der vergangenen Jahre ist, dass das Ziel, ein Regime zu stürzen, militärisch relativ schnell erreicht werden kann. Die Probleme beginnen, wenn das Land befriedet und neu aufgebaut werden soll.

Auf die Befreiung folgt die Besetzung, die von der Bevölkerung bald als Besatzung erlebt wird, mit allen negativen Folgen. Der zivile und politische Wiederaufbau wird umso schwieriger, je größer die kulturelle Kluft ist, die Helfer und Einheimische trennt. Demokratie und westliche Werte lassen sich eben nicht einfach exportieren, sondern müssen, von internen Kräften gepflegt, Wurzeln schlagen und langsam wachsen. Die Geduld, darauf zu warten, haben weder westliche Regierungen noch die Weltöffentlichkeit.

Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts war die Gründungsaufgabe des westlichen Bündnisses entfallen. In Brüssel ging die Parole um: „Out of area or out of business“. Die Nato suchte ein neues Betätigungsfeld als internationaler Krisenhelfer, als militärischer Arm einer Weltpolitik, als deren Ziel der ältere Bush nach dem Ende des ersten Irakkriegs eine „neue Weltordnung“ ausgerufen hatte.

Das hat sich als Utopie erwiesen. Nach den bisherigen Erfahrungen glaubt niemand mehr daran, dass die syrische Krise mit ihren politischen, konfessionellen und ethnischen Spannungen und Spaltungen durch eine militärische Intervention beendet werden könnte. Selbst wenn der Westen Assads Regime stürzen würde: Die Konflikte in Syrien und die Probleme im Mittleren und Nahen Osten, die miteinander verbunden ein kaum zu entwirrendes Knäuel bilden, wären immer noch da.

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